.st0{fill:#FFFFFF;}

Die eine Frage, die alles entscheidet 

 November 4, 2017

Ich überlege hin, ich überlege her. Ich denke beim Einschlafen daran und beim Aufwachen. Ich wäge Pros und Contras ab, frage andere um ihre Meinung, meditiere darüber – und komme doch nicht auf einen grünen Zweig. Denn es ist ein sooo tolles Projekt von zwei sooo tollen Frauen, und in mir war ein sooo lautes Ja, als sie mich gefragt haben, ob ich daran mitarbeiten möchte. Aber irgendwo tief, tief unter diesem Ja, ganz leise, war ein Nein. Ein verhaltenes, aber auch ein sehr eindringliches.

Und darum … habe ich mir die eine, die entscheidende Frage gestellt.

Obwohl ich doch eigentlich jede Menge andere tolle Tools in meinem Köfferchen habe, die mir normalerweise meine Entscheidungen erleichtern. Und obwohl ich grundsätzlich eine schnelle Entscheiderin bin.

Das hat Vor-, aber auch Nachteile. Früher, als ich noch eine Automatic Yes Machine war, zwangen mich meine spontanen Jas oft dazu, mühsam zurückzurudern. Im Laufe der Zeit habe ich daraus gelernt. Ich lasse mir mehr Zeit, antworte auf Anfragen nicht sofort. Nach wie vor sind mir jedoch herzhaft-spontane Entschlüsse lieber als ewiges Zögern, und ich bin davon überzeugt, dass es im Grunde keine richtigen oder falschen Entscheidungen gibt. Erfahrungen wollen gemacht werden, und nicht einmal im Nachhinein weiß man, ob eine andere Option die bessere Wahl gewesen wäre.  Also nehme ich’s leicht, entscheide schnell und beobachte gespannt, was passiert.

 

Bei manchen Entscheidungen geht es um etwas Größeres.

Aber diesmal war es anders. Schwieriger. Und jedes Mal, wenn das so ist, weiß ich: Es geht um etwas Größeres, um eine weitreichendere Frage, um eines meiner Kernthemen.

Also habe ich mir die eine, die entscheidende Frage gestellt.

Im Fall des reizvollen Buchprojekts, zu dem ich einen Beitrag leisten hätte können, ging es – wie so oft – um das Thema: Endlich ganz mein Ding machen.

Mehr als 15 Jahre lang habe ich als Journalistin gearbeitet – und ich habe diesen Beruf geliebt. Hunderte Interviews habe ich geführt und die spannendsten Menschen kennengelernt, für unterschiedlichste Medien habe ich geschrieben, Filme gedreht und Radio-Features produziert. Ich habe an einigen Büchern mitgeschrieben, andere lektoriert, verschiedenste Publikationen begleitet, Websites gebaut und betextet, und vieles mehr. Das alles hat mich lange Zeit erfüllt. Doch irgendwann habe ich gemerkt: Jetzt ist es genug. Nun ist etwas anderes dran.

Ich habe gespürt: In mir ist so vieles gereift, das darauf wartet, ausgedrückt und geteilt zu werden. Und wenn ich nicht aufhöre, für und über andere zu schreiben, und stattdessen Raum schaffe für das, was ganz das Meine ist, dann platze ich. Oder werde höchst unrund. Oder sogar krank.

Natürlich hatte ich zu diesem Zeitpunkt keine Ahnung, wie das gehen sollte, und ob ich damit meinen Lebensunterhalt bestreiten würde können. Aber ich habe mir geschworen, keine neuen Fremdaufträge mehr anzunehmen, sondern ausschließlich das, was in mir ist, auszudrücken, in welcher Form auch immer. Das, was in mir brennt, wollte ich nach Außen tragen, um damit vielleicht, vielleicht, auch andere an den hellen Funken zu erinnern, der in ihnen darauf wartet, sein Licht zu versprühen.

Ein paar Mal habe ich diesen Schwur gebrochen, bin umgefallen oder Kompromisse eingegangen. Das war auch völlig in Ordnung so – Veränderungen brauchen schließlich Zeit.

 

Mit manchen Entscheidungen prüft dich das Leben.

Aber als dann die Anfrage kam, ob ich das tolle Buch mit dem tollen Thema redaktionell begleiten wolle, habe ich gemerkt:

Jetzt. Genau jetzt ist genau der Punkt, an dem es ans Eingemachte geht. Der Punkt, an dem ich geprüft werde. An dem ich beweisen kann, dass es mir ernst ist mit meinem eigenen Weg.

Genau darum habe ich mir die eine, die entscheidende Frage gestellt:

*** Worauf wäre ich am Ende meines Lebens stolz? ***

Und damit hatte das Zögern schlagartig ein Ende.

 

Das Wunderbare an dieser einen Frage, die alles entscheidet:

 

1. Nur du selbst kannst wissen, worauf du stolz bist.

Vielleicht wäre es bei dir genau die umgekehrte Entscheidung gewesen wie bei mir. Ich neige dazu, alles spannend zu finden und ausprobieren zu wollen und dabei meinen Fokus zu verlieren. Vielleicht ist es bei dir genau andersherum – du verfolgst allzu stur und unflexibel deine Ziele und übersiehst dabei leicht neue Gelegenheiten und Wege, die sich auftun.

Wenn du dich fragst, worauf du – und nur du – stolz wärst, dürfen die vielen Stimmen in deinem Kopf, die vielleicht von deinen Eltern oder deinem Umfeld geprägt wurden, verstummen. Übrig bleibt die Stimme deiner inneren Weisheit, und sie ertönt hell und klar.

Ich persönlich bin immer dann stolz auf mich, wenn ich aus alten Mustern ausbreche, neue Verhaltensspielräume erobere, einen Schritt in Richtung Freiheit mache und mehr von meinem Potenzial lebe.

 

2. Sie zeigt dir die Situation aus einer größeren Perspektive.

Allein die Formulierung „am Ende meines Lebens“ löst in mir eine Ahnung davon aus, worum es eigentlich geht. Ich lasse all die kleinkrämerischen Alltagsgedanken, die sich karussellartig in meinem Kopf drehen, los –  und sehe den roten Faden, der sich durch mein Leben zieht.

Das schenkt mir Vertrauen und hilft mir, zu erkennen: Was leitet mich? Meine Angst – oder meine Zuversicht?

“May your choices reflect your hopes, not your fears.”

~ Nelson Mandela

 

3. Stolz richtet dich auf.

Es gibt zwei Arten von Stolz: den dummen und den klugen.

Der dumme Stolz vergleicht. Der dumme Stolz macht dich zum überheblichen Gockel, der glaubt, etwas Besseres zu sein als die anderen. Er macht dich einsam, denn er erzählt dir, du müsstest dich von der Masse abheben, immer mehr leisten oder besser sein als die anderen, um zu genügen.  (Zu glauben, man sei schlechter oder weniger wert als die anderen ist übrigens genau dasselbe Muster!)

Der kluge Stolz hingegen weiß um dein Potenzial und um deine menschliche Würde. Er weiß, dass du – genau wie jeder andere Menschen auch – unendlich viele Schätze in dir trägst, die nur darauf warten, gehoben und geteilt zu werden. Er vergleicht nicht, sondern verbindet. Der kluge Stolz richtet dich auf und lässt dich wachsen – dort, wo du dich zuvor klein gemacht hast.  Er führt dich zur besten Version deiner selbst.  Und die hat es nicht nötig, sich mit irgendjemand anderem zu vergleichen.

Wenn du also vor einer Entscheidung stehst und dir die eine, die entscheidende Frage stellst, dann befrage auch deinen Körper. Bei welcher Entscheidung fühlst du dich aufgerichtet, erhaben und würdevoll? Welche Entscheidung lässt dich wachsen – in die dir zugedachte Größe hinein?

 

Als ich das Mail mit dem freundlichen, aber klaren Nein zu dem verlockenden Projekt abgeschickt habe, hat mein Herz geblutet. Aber ich habe mich aufgerichtet und stolz gefühlt – und im Einklang mit meiner Seele. Ich wusste: Ich folge meiner Sehnsucht.

Auf diesem Weg müssen wir bereit sein, manches hinter uns zu lassen – sogar manches, das uns früher Freude gemacht hat, manches, das leicht geht oder angenehm ist. Aber ist das nicht ein geringer Preis, wenn das Leben uns in die Freiheit lockt, wenn das Abenteuer ruft, und wenn wir wieder ein Stückchen mehr wir selbst werden können?

Foto: © Shutterstock

  • Deine Aufrichtigkeit, deine Klarheit und dein Sprachgefühl hätten das Buch sicher bereichert. Aber dann hättest du diesen schönen Beitrag vielleicht nicht geschrieben. Und das wäre sehr, sehr schade gewesen.

  • Oh wie sehr ich das kenne, ein blutendes Herz, um mir selbst treu zu bleiben… Immer wieder herausfordernd! Danke für die ermutigenden Worte dazu. :-*

  • {"email":"Email address invalid","url":"Website address invalid","required":"Required field missing"}

    Aktuelle Beiträge

    Wege aus dem emotionalen Schmerz
    Neues Script, neues Leben: Viewpoint Voyage
    7 Geheimnisse für deine Gedanken-Revolution in Rekordzeit
    Emotionale Souveränität: Dein Weg zu innerer Stärke
    >