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I bow to you 

 Feber 27, 2016

Ich habe noch nie mit einem Yogaschüler geschlafen. Niemand hält mich für einen Guru. Mein Yogalehrerinnen-Dasein ist alles andere als glamourös. Aber da gibt es IHN. Diesen MOMENT. Und der ist mir heilig. 

„Was soll ich denn tun, wenn Frauen mit Selbstmord drohen, falls ich nicht mit ihnen schlafe?“ Mit dieser Frage reagierte Bikram Choudhury, erfolgreicher Erfinder des Bikram Yoga, auf die Anschuldigungen, er habe Schülerinnen sexuell missbraucht.

Ganz ehrlich: Ich habe noch nie mit einem Yogaschüler geschlafen. Bis auf einen, und der ist mein Mann.

Es hat auch noch keiner mit Selbstmord gedroht. Ich wurde nicht gestalkt, und nicht mal unmoralische Angebote bekomme ich. Niemand hält mich für einen Guru. Und nur ein einziges Mal glaubte ein Teilnehmer ernsthaft, ich sei erleuchtet – aber ich konnte ihn schnell vom Gegenteil überzeugen.

Dennoch haben die großen Stars der Yogaszene und ich etwas gemeinsam: Wir stehen unter Druck.

„Es gibt mittlerweile bald mehr Yogalehrer als Schüler, viele behaupten, die Blase sei kurz vor dem Platzen. Die Konkurrenz ist groß. Das Einkommen klein. […] Viele Lehrer sind überfordert, sie haben keine Zeit mehr für ihre eigene Yogapraxis, sie reiben sich auf.

Selbst der Yoga-Star John Friend gestand in einem Interview […], dass er oft bis nach Mitternacht am Computer gesessen und die sozialen Netzwerke bedient habe, dass er vollkommen erschöpft gewesen sei, dass er zur Erholung viel zu oft statt zu seiner Yogamatte zu einem Bier gegriffen habe, zu einem Joint“, enthüllt Milena Moser in ihrem lesenswerten Artikel „Der Unterleib des Gurus“ in der NZZ.

Nun gut, ich bin kein Star, rauche keine Joints und trinke kein Bier (ein Glas Rotwein schon eher).

Aber bis spät in der Nacht am Computer sitzen – das kenne ich auch.

Viel zu wenig Zeit für die eigene Praxis zu haben, zu erschöpft zu sein, um am Abend nochmal die Matte auszurollen – das ist mir nur allzu vertraut.

Wer glaubt, YogalehrerInnen würden den Großteil des Tages meditierend und Mantren singend verbringen, irrt. YogalehrerInnen – vor allem die, die ein eigenes Studio leiten – sind in erster Linie UnternehmerInnen. Und da die meisten von ihnen von Betriebswirtschaft, Buchhaltung und Marketing wenig bis keine Ahnung haben, ist die Überforderung vorprogrammiert.

Wenn ich gewusst hätte, was es bedeutet, ein eigenes Yoga-Studio zu gründen, hätte ich es vielleicht nicht getan.

Zum Glück hatte ich keine Ahnung. Zum Glück hab ich’s einfach getan, ohne viel darüber nachzudenken. Zum Glück hat meine Begeisterung die Angst besiegt. Denn niemals, niemals, niemals hätte ich so viel gelernt in den vergangenen zwölf Monaten, wäre ich in meiner Komfortzone geblieben.

Und niemals, niemals, niemals wäre ich so reich beschenkt worden. Denn da gibt es IHN. Diesen MOMENT.

Diesen zauberhaften, magischen, ganz besonderen Moment. Diesen Moment, wenn meine SchülerInnen sich am Ende der Stunde auf die Matten legen, bereit, sich von meiner Stimme auf eine Reise führen zu lassen, bereit, sich mir anzuvertrauen, bereit, ganz loszulassen und in eine andere Welt abzutauchen.

Egal, wie viele Stunden ich gehalten und wie viele Tiefenentspannungen ich angeleitet habe – dieser Moment berührt mich jedes Mal zutiefst. Da liegen sie ausgebreitet vor mir auf der Erde, diese wunderbaren Menschen, die sich Zeit nehmen, sich auf der Yogamatte selbst zu begegnen, diese Heldinnen und Helden, die es irgendwie schaffen, dem Alltagswahnsinn für ein Stündchen zu entfliehen, um der zarten Stimme ihrer Seele zu lauschen, ihr Raum zu geben, sich ihr zuzuwenden.

Da liegen sie und vertrauen mir.

Es ist ein Akt des Vertrauens, sich auf die Erde zu legen. Es ist ein Akt des Vertrauens, loszulassen und tief zu entspannen. Es ist ein Akt des Vertrauens, einer fremden Stimme zu folgen.

Auch wenn es kitischig klingt: Dieser Moment ist für mich heilig. 

Und wenn dann am Ende der Entspannung ein tiefes, tiefes Seufzen zu hören ist. Wenn meine Yoginis langsam wieder auftauchen und ihre Gesichter um so viel weicher sind als noch eine Stunde zuvor. Wenn die Stille greifbar ist, bevor unser gemeinsames Om ertönt. Dann weiß ich wieder:

Es ist der schönste Beruf der Welt. 

Danke, großer Yoga. Danke, Leben. Danke, Yogis und Yoginis, für euer Vertrauen! I bow to you.

Und ich hoffe, ich werde mich immer würdig erweisen.

Foto: © luanateutzi – fotolia.com

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Big, wild love

Laya

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  • Ja, es sind heilige Momente! (Seltsam, dass wir uns oft als kitschig empfinden, wenn wir auf die Essenz zu sprechen kommen.)

    Wenn die Yoginis sich hineinsinken lassen in die Matten und die durch die Asanas gelösten Lebensenergien beginnen, sich in der Ruhe heilsam neu zu ordnen. Ganz demütig fühle auch ich mich dann (im Sinne von Mut zum Dienen), hoffe, dass mir die passenden Worte zufließen, die ich in die wie weite, offene Schalen daliegenden Yoginis fließen lassen darf. Wer je am Ende einer Yogastunde diese seelenberührten Gesichter schauen dürfte, die du – wie so oft – so einfühlsam beschrieben hast, weiß um die Schönheit unserer Berufung.

    Namasté aus Innsbruck, Stephan

  • Liebe Laya (unbekannterweise), lieber Stephan (bekannterweise):
    Es sind auch für mich als Yogini heilige Momente, wenn ich mich einem Yogalehrer/einer Yogalehrerin auf diese Weise anvertrauen darf und mich getragen fühle von dessen/deren Stimme, Tun und Präsenz, während ich in mein Inneres höre und spüre.
    Danke euch beiden sowie vielen anderen achtsamen und liebevollen YogalehrerInnen auf dieser Erde!
    Namasté, Alexandra

    p.s.: Danke Laya auch für deine wunderbar ehrlichen, witzigen, geistreichen und gleichermaßen tiefen Blogbeiträge!

  • Noch was:
    Ich habe zwar kein Yogastudio, aber ein „Schreibstudio“ (so könnte man es nennen). Und damit kenne ich all diese Sorgen und Mühen, die du beschreibst, nur allzu gut!
    Aber glücklicherweise darf auch ich immer wieder Momente erleben, wo all das vollkommen egal wird, weil ich so Vieles dafür geschenkt bekomme:
    Wenn TeilnehmerInnen in einem Schreibseminar oder der Schreibnacht ihre sehr persönlichen Texte vorlesen und damit mir (und den anderen TN) einen Einblick in ihr Leben und die Tiefe ihrer Seele gewähren.
    Wenn Schreibende nach anfänglicher Schüchternheit oder Angst sich einlassen können, meiner Anleitung vertrauend einfach den Stift fließen lassen und am Ende selbst staunen über das, was dabei entstanden ist. Und mit strahlenden Augen, gestärktem Selbstvertrauen nach Hause gehen.
    Wenn in den Gesichtern so mancher TeilnehmerInnen nach zwei Stunden Schreiben die Entspannung förmlich abzulesen ist und sie wieder ganz in sich ruhen…

    All das sind für mich genau solche heiligen Momente wie jene, die du beschreibst. Ja, und es gibt sie auch in meiner Arbeit immer wieder. Und auch ich bin dankbar und glücklich darüber, den „besten Beruf der Welt“ zu haben: Menschen begleiten zu dürfen, die sich weiterentwickeln und sich selbst begegnen wollen. Was kann es Schöneres geben!
    Namasté, Alexandra

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