Ja, eines Tages we’ll be old and we’ll have Altersflecken und schwache Beine, und wir werden viele der Geschichten vergessen haben, die das Leben uns ins Stammbuch geschrieben hat. Was bleibt?
Es wurde rauf und runter geliked und geshared, das Video der jungen Slammerin Julia Engelmann. Am Beginn ihres fulminanten Plädoyers für ein ganz gelebtes Leben stand diese Songzeile:
ONE DAY BABY WE’LL BE OLD
OH BABY WE’LL BE OLD
AND THINK OF ALL THE STORIES
THAT WE COULD HAVE TOLD …
>> Song auf youtube (Achtung, Ohrwurm!)
MEIN VATER LIEGT IM KRANKENHAUS. Sein ONE DAY ist längst gekommen. Vergangenes Jahr war es eine schwere Gehirn-OP. Heuer ist es die Halswirbelsäule. Einundsiebzig. Die Hände ohne Gefühl. Die Beine unter dem Krankenhaus-Nachthemd so dünn, dass ich bei ihrem Anblick weinen muss, während die Schwester ihn zur Toilette führt.
ONE DAY, BABY. TODAY, BABY.
„Mut ist nur ein Anagramm für Glück“ slammt Engel Julia. War mein Vater mutig? Glücklich? Die Geschichten, die er erzählen kann, sind die eines Durchschnittslebens: Nachkriegskindheit, Arbeit, Ehe, Kinder, Enkelkinder, ein paar Depressionen, ein paar stille Glücksmomente – so hoffe ich jedenfalls.
ONE DAY, BABY. WAS BLEIBT?
- Meinem Vater bleibt seine Würde (trotz Krankenhaus).
- Ihm bleiben Menschen, die ihm die Hand halten.
- Ihm bleibt sein Gottvertrauen.
Man könnte sagen, er ist reich.
UND ICH? OH BABY.
- Ich habe meine Würde. Wenn ich nicht gerade von Termin zu Termin hetze.
- Ich habe Menschen, die mir die Hand halten. Wenn ich nicht gerade die Hände voller Smartphone, Laptop, E-Reader und Tablet habe.
- Ich habe mein Vertrauen in ein göttliches Prinzip. Wenn ich nicht gerade mit meinen tausend Plänen beschäftigt bin.
Ich könnte so reich sein, würden mir nicht die sieben elektronischen Devices auf meinem Couchtisch, die zwölf schicken Yogahosen in meinem Schrank und die hundertsiebenundachtzig weisen Bücher in meinem Regal die Sicht auf meinen Reichtum verstellen. Die vielen Ideen in meinem Kopf, wie Glücklichsein funktioniert. Die vielen Konzepte davon, wie mein Leben verlaufen soll, bevor mein ONE DAY anbricht.
„Lass uns doch Geschichten schreiben, die wir später gern erzählen“, slammt lovely Julia.
Was willst DU deinen Enkelkindern erzählen, wenn du ONE DAY mit Storchenbeinen im Krankenhaus liegst?
Wie viele Facebook-Freunde du hattest? Dass du dein IPhone voll im Griff hattest – oder dein IPhone dich? Dass du bei jedem neuen Ernährungs- und Fitnesstrend ganz vorne mit dabei warst?
Ich hoffe, ich kann meinen Enkelkindern etwas von Würde erzählen, vom Hände halten und vom Vertrauen. Dafür, meine Geschichte umzuschreiben, ist es noch nicht zu spät. Oh yes, baby.
Foto: aleshin – Fotolia.com
Big, wild love
Laya
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schön <3
Ich finde es sehr berührend, wie Du schreibend die Balance findest – und damit zwei der vielen Lebens-Töne wunderbar einfängst: dem Lachen und dem Weinen, dem Hineinwachsen ins Altern und dem Alt sein.
Dein offenes Herz und die Art, wie du deine Seelenschmerzen und -freuden mit anderen teilst, haben mich berührt; vielleicht umso mehr als meine Eltern bereits 80 Jahre alt sind, obwohl beide noch gesund.
Ein Text von Rainer Maria Rilke ist mir in den Sinn gekommen.Herbstgedicht und Frühlingsbeginn sind manchmal nahe beisammen.
Die Blätter fallen, fallen wie von weit,
als welkten in den Himmeln ferne Gärten;
sie fallen mit verneinender Gebärde
Und in den Nächten fällt die schwere Erde
aus allen Sternen in die Einsamkeit.
Wir alle fallen. Diese Hand da fällt.
Und sieh dir andre an: es ist in allen.
Und doch ist Einer, welcher dieses Fallen
unendlich sanft in seinen Händen hält.
Liebe Grüße
Elfriede
Liebe Laya!
„Wenn alles fort ist bleiben Dir immer 2 Dinge: Was Du im Kopf und wen Du im Herzen hast!“ Ich weiß nicht, von wem dieser Spruch ist, aber er hat sich mir eingebrannt. Das sind die Geschichten, die zählen, und die Du immer mit Dir nimmst.
Ich wünsche Dir alles Liebe und viel Kraft!
LG, Isolde
Liebe Laya,
danke für diese Zeilen, die mich sehr berührt haben. Meine Mutter, jetzt fast 85 Jahre alt, leidet auch sehr an diversen Altersbeschwerden im Rücken und seit einiger Zeit auch an starken Schmerzen in den Beinen, die ein Gehen fast unmöglich machen.
Ihr bleiben viele Geschichten aus anderen Zeiten, die ich aufnehme und ausarbeite.
Wie reich sind wir und trotzdem rennen wir immer hinter irgend etwas her, von dem wir meinen, es zu brauchen. Noch ein Erleuchtungsbuch, meine Freundin fand das so toll, noch eine App, noch ein EBook usw. Wäre es nicht besser, einfach mal in den Garten auf einer Liege den Vögeln zuzuhören, die Bienen und Schmetterlingen zuzuschauen und einfach mal nichts zu machen. Vielleicht wäre das erleuchtender als der nächste Workshop.
Euch allen ein sonniges Frühlingswochenende und einen herzlichen Gruß
Andrea
Liebe Laya Kirsten,
wie schön deine Zeilen sind – weil sie so wahr sind! Danke für deine Offenheit und ich wünsche dir und vor allem deinem Vater, dass er seinen Lebensabend bewußt und mit all seinen Sinnen und seiner inneren Weisheit erleben und genießen kann!Was zählt, sind letztendlich all die kleinen Dinge und Elemente die uns zu dem haben entwickeln lassen, was wir gelebt haben – ob wir uns nun bewußt an alle Einzelheiten erinnern oder nicht – die Grundessenz strahlt in uns und wird spürbar sein. Und ich bin sicher, gerade bei deinem Vater ist da viel vorhanden. Ich denke viel an euch und schicke gute Wünsche!!!
Alles Liebe,
Iris
Liebe Laya Kirsten,
und irgendwann drehen sich die Dinge, und unsere Eltern werden unsere Kinder sein, und wir werden für sie da sein und sie lieben, so wie sie es waren oder auch viel besser machen, wenn sie es nicht waren. Es ist eine Chance für uns Alle in Liebe und Respekt zu wachsen!
Liebe Laya Kirsten,
wenn unsere Eltern (bei mir war es auch der Vater) altern, und manches ist unabsehbar, werden die Eltern zu unseren Kindern.
Wir haben dann die Gelegenheit unsere Liebe und Dankbarkeit zu zeigen. Ich glaube das ist das Wahre, was unsere Eltern sich wünschen.
Viel Kraft und alles Liebe, es kommt, wie es kommt!
Brigitte