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Selbstbewusst und souverän mit Power Poses 

 Oktober 19, 2020

Ich stehe vor diesem Zaun.

Auf der einen Seite bin ich, auf der anderen sind die Hunde.

Zwei davon. Riesig. Einer zottelig und weiß, einer mit kurzem, blonden Fell. Noch haben sie mich nicht entdeckt.

Kurz davor war ich an einem schiefen, an einer Friedhofsmauer montierten Schild vorbeigekommen. „Attenzione pericolo“, stand darauf. Und irgendetwas von frei laufenden Hunden, denen frau sich keinesfalls nähern sollte.

Ich habe Angst, aber ich muss trotzdem auf die andere Seite. Es gibt keinen anderen Weg.

Da erinnere ich mich an alles, was ich über Embodiment, Power Poses, vegetatives Nervensystem und den Zusammenhang zwischen Körperhaltung, Atem und Neurotransmittern gelernt habe.

Ich aktiviere meine Beckenbodenmuskulatur. Ich lasse meinen Atem tief und ruhig fließen. Ich hebe mein Brustbein, mache mich weit und groß. Ich lasse die Schultern sinken. Ich lächle sogar – gekünstelt, zugegeben, aber immerhin.

Dann öffne ich das Tor.

Die Hunde schießen auf mich zu. Ihr Gekläff ist ohrenbetäubend, sie  sind ganz nah, ich kann ihren Atem riechen. Und sie verfolgen und umkreisen mich.

Ich gehe weiter, ohne sie anzublicken. Setze jeden Schritt bewusst und kraftvoll auf die Erde.

Beckenboden. Atem. Weit. Mutig. Groß. Stark. Nicht zu schnell und nicht zu langsam. Mein Herz klopft hart gegen mein Brustbein.

Zwei Minuten später bin ich in Sicherheit, schließe das zweite Tor hinter mir. Die Hunde kläffen immer noch, aber ich bin außer Gefahr.

Man hatte mich vor ihnen gewarnt, aber damit hatte ich nicht gerechnet: Dass der Weg direkt durch ein umzäuntes Privatgrundstück führen würde, in dem zwei Hunde eine Herde Schafe bewachten – und dass es keine Ausweichmöglichkeit geben würde.

Irgendwo zwischen Florenz und Assisi, irgendwo in der Einsamkeit Umbriens, irgendwo auf dem Franziskusweg wurde mir klar, warum ich jahrelang geübt und erforscht hatte. Und warum ohne Körper genau GAR NICHTS geht, wenn es um die Überwindung von Angst geht, um Selbstbewusstsein, Mut und Stärke. Zumindest dann nicht, wenn es so richtig zur Sache geht.

 

So wirken Power Poses

2012 sorgte eine Forscherin namens Amy Cuddy mit einer Studie und ihrem Ted Talk für viel Aufsehen. Sie behauptete, zwei Minuten lang unsere Arme auszubreiten würde unseren Testosteron-Spiegel signifikant heben und unseren Cortisol-Spiegel senken. Übersetzt bedeutet das: Mehr Selbstbewusstsein, weniger Stress.

Wie so oft in der Welt der Wissenschaft erntete Cuddy damit nicht nur Beifall, sondern auch harsche Kritik: Die Studie sei fehlerhaft, in Folgestudien konnte der Effekt nicht nachgewiesen werden, und so weiter.

Fakt ist jedoch – und das streitet niemand ernsthaft ab –  dass unsere Körperhaltung, unsere Körperspannung, unsere gesamte Körpersprache einen enormen Einfluss darauf haben, was wir denken, wie wir uns fühlen, und wie wir auf andere wirken!

Wissen wir doch läääääängst, seufzen jetzt die Yogis und Yoginis unter euch gelangweilt  🙂 Tatsächlich bestätigen moderne Wissenschaften heute, was in vielen alten Weisheitstraditionen seit jeher bekannt ist: Körper, Geist und Seele sind eine Einheit, und jedes Asana, jede Haltung, jede „Pose“,  jede Bewegung, jeder bewusste Atemzug und jede Veränderung unserer Mimik hat eine Wirkung auf unsere Gedanken und unsere Gefühle.

Erwiesenermaßen führt jede öffnende, raumgreifende Körperhaltung zu mehr Selbstbewusstsein und Selbstwertgefühl und bewirkt, dass wir risikobereiter und weniger stressanfällig sind. Yoga-Haltungen, in denen wir uns ausdehnen, schenken uns schon nach zwei Minuten einen höheren Energie-Level und mehr Selbstbewusstsein.

Uns klein zu machen und zu „verschließen“ hat die gegenteilige Wirkung.

Deine Gefühle und Stimmungen entstehen aus einem unendlich komplexen Zusammenspiel der Bestandteile deines Nervensystems – inklusive deines Gehirns. Über unzählige Nervenbahnen sendet dein Körper deinem Gehirn unaufhörlich Informationen über alles, was in ihm vorgeht. Jede Veränderung in deiner Haltung, in deinem Gesichtsausdruck, in deiner Atmung wird sofort als Reiz weitergeleitet und verändert so deine Gefühle, deine Stimmung, dein Empfinden.

Und umgekehrt natürlich auch! Fühlst du dich gut, selbstbewusst und entspannt, drückt deine Körperhaltung das aus. Hast du Angst, fühlst dich gestresst oder niedergeschlagen, zweifelst du an dir oder fühlst dich wertlos, dann werden deine Haltung und deine Körpersprache  auch das deutlich zum Ausdruck bringen.

So weit, so „eh klar“. Aber wie nutzen wir nun dieses Embodiment-Prinzip, um uns selbstbewusster, stärker, durchsetzungsfähiger und fröhlicher zu fühlen? Und zwar ohne, dass wir jeden Tag stundenlang üben oder uns an komplizierte Dinge erinnern müssen?

Zum Beispiel so:

 

Mehr Selbstbewusstsein durch Embodiment: Tipps für Zwischendurch

 

# 1 Füße und Beine

Hier gilt das Prinzip: Erdung und Raum einnehmen! Wenn du dich stark, sicher und selbstbewusst fühlen willst, stell dich etwas breiter hin, als du es normalerweise tun würdest. Erde beide Fußsohlen, dein Becken bleibt gerade ausgerichtet, beide Beine sind gestreckt, die Knie jedoch nicht überstreckt.

 

# 2 Die Arme

Auch hier: Nimm Raum ein!

Konkret bedeutet das: Stütz die Hände in die Hüften (Wichtig: Die Finger zeigen nach vorne, nicht nach hinten) oder verschränke die Hände im Hinterkopf. In beiden Fällen zeigen die Ellbogen nach außen. Zwischendurch kannst du immer wieder die Arme nach oben strecken, dich räkeln und dehnen!

Und was ist mit dem Arme-Verschränken vor der Brust? Immer wieder hört man ja, wir würden verschlossen oder abweisend wirken, wenn wir das tun.

Das stimmt aber nicht unbedingt – den großen Unterschied machen dabei nämlich die Hände! Wenn du deine Arme verschränkst und dabei die Hände „versteckst“, wirkst du tatsächlich abweisend und defensiv. Wenn jedoch deine Finger sichtbar sind, dann wirkst du mit verschränkten Armen selbstbewusst, kompetent und souverän – und fühlst dich auch so.

 

#3 Die Hände

Der wichtigste Tipp ist hier: SPRICH mit den Händen! Gestikuliere, male Bilder in die Luft, und unterstreich das, was du sagst, mit großzügigen Bewegungen! So dehnst du dich auch mithilfe deiner Hände im Raum aus. Du fühlst dich freier, beweglicher und im Flow.

Ach, und noch etwas: Vermeide es, dein Gesicht oder deinen Hals mit den Händen zu berühren – das wirkt schüchtern und unterwürfig. Hingegen wirkt es überlegen und souverän, das Kinn auf der Faust aufzustützen. Probier es aus!

 

#  4 Der Kopf

Wenn du dich selbstbewusst, klar und stark fühlen (und auch so wirken) willst, halte deinen Kopf gerade und neige ihn nicht zur Seite, wenn du mit jemandem sprichst.

Möchtest du hingegen Empathie, Einfühlungsvermögen und aktives Zuhören ausdrücken, dann kannst du den Kopf leicht schräg halten.

 

# 5 Und alles andere 🙂

Um es auf den Punkt zu bringen: Sei kompakt in der Körpermitte und weit im Brustraum!

Das bedeutet: Beckenbodenmuskulatur leicht aktiviert, Schambein zieht nabelwärts, Nabel zieht leicht einwärts.

DANN ERST hebst du dein Brustbein und atmest deinen Brustraum in die Weite und Freiheit. Erlaub ihm, sich nach allen Seiten hin auszudehnen, lass die Schulter nach unten schmelzen und die Schulterblätter auseinanderfließen, so dass zwischen ihnen viel Platz entsteht!

***

Was sind DEINE liebsten Power-Poses? Wie nutzt du im Alltag die Einheit von Körper, Seele und Geist? Schreib in die Kommentare – ich freue mich darauf, von dir zu lesen! 

Quellen und Buchtipps: 

 

 

  • ….ooooh danke, liebe Laya, daß Du aktuell darüber schreibst.. .
    Meine liebsten Yogahaltungen für Selbstbewußtsein sind : „Baum“ +Variationen und „Krieger“ +Variationen ..sie helfen mir zu spüren, wie standfest, balanciert und frei bzw.leicht atmend es sich in meinem Körper anfühlen kann…. und „Rückbeugen“ , die den „Herzraum“ sanft öffnen liebe ich auch….diese ermöglichen mir das Gefūhl von „Weite, Ausdehnung“ im Körper zu erfahren…außerdem übe ich gern auf meinem „Wackelbord“, ins Gleichgewicht finden können ist für mich eine wichtige Grundlage für Selbstbewusstsein. …
    keep on moving your beautiful bodies, dear ones soft, kindly and thankful – love yourself – you are amazing
    Danke von Herzen auch für die Literaturliste
    Liebe Grüße & ein schönes Wochenende Dir & Euch allen hier, namastè
    Dagmar

    • Wunderbare Inspirationen, liebe Dagmar! Baum und Krieger Varianten gehören auch zu meinem Standard-Yoga-Programm

      Mein Liebster hat so ein Wackelbord herumstehen. Vielleicht probier ich es mal beim Arbeiten aus, ich hab ja einen höhenverstellbaren Schreibtisch
      Alles Liebe und keep on moving!
      Laya

  • ….P.S.: diese Übungspraxis ermöglicht mir im Alltag meinen Körper feiner und differenzierter zu spüren und mich rechtzeitig hin zu mehr Wohlfühlen zu regulieren mittels Atmung vorallem, Änderung der Haltung, Minibewegungen….

  • ….ja, das ist eine gute Idee , danke für Dein Antworten
    – und ergänzen zum Thema „Gleichgewicht“ möchte ich noch, daß meine Erkenntnisse dazu auch aus den Bereichen „Motopädagogik & -therapie“, „Sensorische Integration“ (Das Zusammenspiel der Sinne) , „Kinaesthetics“, „Feldenkrais“ und “ Kindliche Entwicklung“ kommen – wer tiefer & genauer nachforschen und -lesen möchte…..für mich ist unser Leben – auch – ein „Balanceakt“
    Alles Liebe und Gute zu Dir und zu Euch allen hier in diesen bewegten Zeiten
    Dagmar

    • Wow, du bist tief in die Materie eingestiegen, liebe Dagmar! Multiperspektivische Zugänge sind fast immer ein Segen, wenn es um komplexe Themen geht … jedes Modell erwischt einen „Zipfel“ der Wahrheit, und in der Zusammenschau ergibt sich ein holistisches Bild …

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