Es gibt Momente im Leben, da ist jedes Wort ein Wort zu viel. In diesen Augenblicken spricht die Stille zu uns.
Mein Vater und ich sitzen in der Intensivstation am Bett meiner Mutter. In den kurzen Momenten, in denen sie die Augen öffnet, blickt sie uns mit dem staunenden Blick eines Babys an, das gerade zur Welt gekommen ist. Wir sitzen schweigend. Die Stille spricht zu uns. Sie spricht von Liebe und von Frieden, von Ehrfurcht und von Dankbarkeit.
Das Unaussprechliche erfüllt mich und macht mich stumm.
Und doch, liebe Yogini, lieber Yogi vor dem Bildschirm, möchte ich mit dir teilen, was ich erfahre und lerne in diesen Tagen, in denen das Leben sich einkocht zu einer kostbaren Essenz:
# Stille heilt.
Keine tröstenden Worte, kein aufmunterndes Schulterklopfen und keine Umarmung schenken mir so viel Heilung wie die Stille am Morgen auf meinem Meditationskissen. Im größten Schmerz erfahre ich den größten Frieden. Je näher die Endlichkeit des Lebens rückt, desto unendlicher werden manche Augenblicke.
# Nicht mal Ja sagen müssen.
Wieder ist es der Yoga, der mich rettet. Auf der Matte ist alles einfach. Einatmen. Ausatmen. Anspannen. Entspannen. Knochen, Muskeln, Sehnen. Füße, Beine, Arme, Hände. Verspannte Schultern. Ein Stechen in der Magengegend. Ein dröhnender Kopf. Wahrnehmen, was ist – und mehr nicht. Nicht einmal Ja sagen müssen.
# Hilfe kommt von unerwarteter Seite.
Der Leopard kommt als Krafttier zu mir. Ich höre seine Botschaft: Erst, wenn das Leben uns wirklich fordert, tritt unsere wahre Kraft zutage. Dann spüren wir, dass wir zu viel mehr imstande sind, als wir jemals für möglich gehalten hätten.
# Im Kreis der Frauen.
So sehr ich meine Männner liebe, so sehr wird mir klar, welch tiefe Weisheit das Weibliche in sich trägt. Die wunderbaren Frauen in meinem Leben lehren mich ihr instinktives Verstehen der natürlichen Zyklen, des Werdens und Vergehens, des Gebärens, des Lebendigseins, des Sterbens. Sie wissen, wann sie mich berühren dürfen und wann sie mich lassen müssen. Sie wissen, wann es Zeit ist zu reden und wann es Zeit ist zu schweigen. Sie wissen.
# Gehtmichnichtsan. (*)
Hier lohnt sich ein differenzierter Blick. Wenn der Internist meint, der Unterleib gehe ihn nichts an, wenn die Krankenschwester meint, die Psyche gehe sie nichts an, dann ist das nicht nur eine Berufskrankheit, sondern ein völliges Verkennen der Tatsache, dass es die Verbindungen sind, die die Wirklichkeit ausmachen. (**)
Die Handwerker und Bauarbeiter, die zurzeit in unserer Wohnung ein uns aus gehen, lehren mich aber ein anderes Gehtmichnichtsan. Den Fenstermann geht der Boden nichts an. Den Elektriker geht die Balkontür nichts an. Den Heizungsmann geht die Mauer nichts an. Jeder macht nur das, was er kann, und irgendwie wird alles fertig.
Ich überlege, ob auch mir ein bisschen mehr Gehtmichnichtsan gut tun würde. Vielleicht würde mir dann mehr Zeit für Stille bleiben. Oder mehr Kraft für die Dinge, die mich wirklich etwas angehen.
(*) Im Englischen so treffend ausgedrückt als „That’s not my affair“.
(**) Der kürzlich verstorbene Physiker und Träger des alternativen Nobelpreises Hans Peter Dürr bezeichnet diese Verbindungen als „Wirks“:
„…es gibt nur Verbindung, es gibt nur eine Verbundenheit, ohne dass die Verbundenheit an irgend etwas geknüpft ist, was wir begreifen können. Und wir haben keine Sprache dafür. Wir haben schlicht keine Sprache dafür. Etwas, das nur Verbundenheit sagt, ohne dass es sagt, was womit verbunden ist; das Grundelement der Wirklichkeit ist nicht Realität in dieser Wirklichkeit, sondern schlicht Verbundenheit.
Die kleinsten Elemente sind nicht materielle und energetische Einheiten, sondern ich nenne sie manchmal »wirks«, weil sie Teile der Wirklichkeit sind, die wirken, ohne dass sie materiell sind. Das können wir als eine Art Feld betrachten, das im Hintergrund ist. Wir sind eben ein Meer, das selbst nicht materiell ist, und die Wellen auf dem Meer; darauf türmt sich praktisch die Materie, d. h. die Materie ist wie die Schlacke des Geistes. Der Geist, der holistisch ist der Natur nach – das ist der Grund, warum wir ihn nicht begreifen können –, ist das eigentliche, was uns zusammenhält. Wenn wir miteinander reden, dann ist es nicht so, dass wir jetzt agieren auf die Licht- und Schallwellen, die wir austauschen, sondern die Worte sind nur geeignet, uns zu erinnern an etwas, was wir eigentlich schon wissen und in unserer eigenen Erfahrung ausgraben. Wir begegnen uns sozusagen im Geistigen, und die Worte sind nur dazu da, uns zu verständigen, wo wir uns begegnen wollen.“
Das ganze Interview zum Thema „Von der Einheit der Natur“ findest du hier
Wärmstens empfohlen: Hans Peter Dürr: Warum es ums Ganze geht. Neues Denken für eine Welt im Umbruch.
Big, wild love
Laya
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