Es gibt Dinge, die waren einmal in meinem Leben. Sie gehören zu meiner Geschichte – und sie sind vorbei.
Dass sie vorbei sind, macht sie weder falsch noch unnötig. Sie waren einmal gut und richtig – und nun habe ich sie überreift, bin ihnen entwachsen.
Warum lohnt es sich dann überhaupt, eine Liste der „Das war einmal“-Dinge zu schreiben? Zurückzublicken und festzustellen: „Ja, es war einmal – und es ist nicht mehr notwendig für mich“?
Erstens: Weil es Klarheit bringt. Weil es mir bewusst macht, was ich endgültig verabschiedet habe, und worüber ich mir keine Gedanken mehr zu machen brauche.
Zweitens: Weil ich daran erkenne, dass Veränderung nicht nur möglich ist, sondern auch tatsächlich geschieht. Und dass ich auch DIE Dinge, die ich immer noch mit mir herumschleppe, loslassen werde – sobald ich dazu bereit bin.
Also! Hier ist sie, meine „Das war einmal“ Liste. Ich hoffe, sie inspiriert dich, deine eigene zu schreiben!
Ich habe aufgehört, in irgendeiner Sache Recht haben zu wollen. Das bedeutet nicht, dass ich keine Meinung habe. Aber ich weiß, dass eine Meinung einfach nur eine Meinung ist. Ich muss sie nicht ändern, nur weil irgendjemand anderer Meinung ist – aber es besteht auch keine Notwendigkeit, sie für „richtig“ oder „die Wahrheit“ zu halten.
Ich habe aufgehört, mich großartig mit Ernährung zu beschäftigen. Vor allem habe ich damit aufgehört, mich für das, was, wann und wie viel ich esse oder nicht esse, zu kritisieren, zu schämen oder zu bestrafen. Für manche Menschen mag Ernährung ihr ureigenstes Interesse sein – für mich hingegen waren die streng veganen, streng glutenfreien und was weiß ich noch alles Episoden in meinem Leben ein reines Ablenkungsmanöver von dem, wofür ich wirklich auf der Welt bin. Seit ich dem Essen weniger Aufmerksamkeit widme als früher, ernähre ich mich ganz von selbst ziemlich gesund. Ich vertraue meinem Körper und weiß, dass er mit einer halbwegs ausgewogenen Ernährung klar kommt. Er erwartet keinen Perfektionismus von mir – so wie ich von ihm keinen erwarte, denn:
Ich habe aufgehört, meinem Körper die Migräne und die Zahnschmerzen übel zu nehmen. Die Falten und die paar Extra-Kilos nehme ich ihm sowieso nicht krumm. Ich liebe ihn bedingungslos – so wie er mich!
Ich habe aufgehört, mich für das Glück anderer verantwortlich zu fühlen. Nicht, dass es mir egal wäre, wie es anderen Menschen geht. Aber zwischen mitfühlen (oder auch unterstützen) und Verantwortung übernehmen ist ein riesiger Unterschied. Das eine verbindet, das andere trennt – denn es erzeugt ein Machtgefälle. Übernehme ich für jemand anderen die Verantwortung, heißt das übersetzt: Ich weiß besser, was für dich gut ist als du selbst. Bei kleinen Kindern mag das manchmal gerechtfertigt sein. Bei erwachsenen Menschen ist es das praktisch nie. Selbst bei meinem Vater und meinem Sohn gelingt es mir immer besser, mich rauszuhalten. Ooooh, wie befreiend das für uns alle ist!
Ich habe aufgehört zu glauben, dass ich mich an meine Pläne halten muss. Ich liebe es zu planen, und ich tue es – trotz Corona! – noch immer akribisch und leidenschaftlich gerne. Aber mir ist bewusst, dass es beim Planen hauptsächlich darum geht, mir einen Überblick zu verschaffen, zu priorisieren und eine ungefähre Richtung zu definieren. Dass das Leben sich nicht an meine Pläne hält, weiß ich – und ich bin ihm dankbar dafür. Denn das, was es mir bringt, ist oft viel besser als das, was ich geplant habe.
Ich habe aufgehört, Kopfstand zu üben. Eine Zeit lang war „der König der Asanas“ wichtig für mich – weil er mir Mut abverlangt hat, weil ich zwei Jahre gebraucht habe, bis ich ihn konnte, und weil er ein Beweis dafür war, dass ich etwas, das für mich wirklich schwierig ist, meistern kann, wenn ich lange genug dranbleibe. Aber solche Beweise brauche ich nicht mehr. Also tschüss, Sirsasana!
Ich habe aufgehört, meine Vergangenheit anders haben zu wollen, als sie ist. Sie ist sowieso eine Illusion – und das einzige, was zählt, ist, welche Geschichten ich mir über sie erzähle. Die kann ich frei wählen. Also wähle ich solche, bei denen ich als Heldin dastehe und das Leben als mein Verbündeter 😉
Ich habe aufgehört zu glauben, dass Geld nicht wichtig ist. Natürlich gibt es Dinge, die sehr viel wichtiger sind als Geld. Aber Geld bedeutet Freiheit und Möglichkeiten. Hätte ich mir zum Beispiel mein Master-Studium nicht leisten können, würde ich weit hinter meinen Möglichkeiten zurückbleiben und hätte nie das Glück erfahren, das mir durch diese Horizonterweiterung zuteil wurde. Ich glaube übrigens auch nicht mehr, dass es mehr „wert“ ist, Geld für Bildung und Erfahrungen auszugeben als für Gegenstände. Vielleicht macht meinen Nachbarn sein SUV genauso glücklich wie mich mein Studium. Wer bin ich, mir darüber ein Urteil anzumaßen?{Auch die Glücksforschung zeigt, dass Geld sehr wohl mit persönlichem Wohlbefinden korreliert. Allerdings nur bis zu einem gewissen Einkommen. Ab dann bringt mehr Geld kaum noch mehr Lebensglück.}
Ich habe aufgehört, Dinge zu tun, von denen ich DENKE, sie würden mir gut tun – weil sie mir früher mal gut getan haben oder weil sie jemand anderem gut tun oder weil sie gerade gehypt werden. Es gab Zeiten, da waren Yoga und Meditation meine Rettungsanker. Während des Corona-Lockdowns waren es viel mehr der Wald, die morgendlichen Laufrunden, die Spaziergänge und das Kuscheln mit meinem Liebsten und Herrn Sohn.
Ich habe aufgehört, mir das Lachen zu verbieten. Manche Menschen finden, ich würde in unpassenden Momenten unpassend laut lachen. Aber Lachen ist für mich wie Weinen. Und ich finde, keines von beiden ist jemals unpassend.{Ich lache natürlich nicht ÜBER jemanden. Bestenfalls über mich selbst.}
Ich habe aufgehört, „spirituell“ sein zu wollen (schon lange). Oh Göttin, was für ein spiritueller Snob ich früher war! Nicht nur, dass ich dachte, ich könne alles wegmeditieren, was mir das Leben schwer macht – nein, ich dachte sogar, die spirituelle Tradition, in der ich praktizierte, sei allen anderen überlegen. {Ob ich darüber jetzt lachen oder weinen soll, weiß ich nicht.}
Ich habe aufgehört, Kleidungsstücke Größe 34 aufzubewahren. Die Hoffnung stirbt zuletzt – aber irgendwann stirbt sie 😉
Ich habe aufgehört, zu glauben, dass jeder mich mögen muss. Ich habe aber auch aufgehört, zu glauben, dass irgendjemand mich NICHT mag. Mein Gehirn erzählt mir das zwar manchmal – aber dann denke ich an Byron Katie und dieses geniale Zitat von ihr:
„Wenn ich einen Raum betrete, weiß ich, dass mich alle Menschen darin lieben. Ich erwarte allerdings nicht, dass sie es bereits wissen.“
Ich habe aufgehört, alles alleine schaffen zu wollen. Vielleicht könnte ich das sogar – aber warum sollte ich mir das Leben unnötig schwer machen? Ich lasse mich jede Woche coachen, ich bitte Freund*innen um emotionale Unterstützung, wenn ich welche brauche, und ich suche nach Mentor*innen, wann immer ich das Gefühl habe, an eine innere oder äußere Barriere zu stoßen. Ganz zu schweigen vom Möbel-Schleppen und Ausmalen. Aber das ist eine andere Geschichte …
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Was steht auf deiner „Das war einmal“-Liste? Was hast du hinter dir gelassen und überreift? Schreib in die Kommentare – ich bin gespannt auf deinen Beitrag!