Von Männern, Poesie und anderen Wundern

Expertin für Positive Psychologie und Poesie Laya Commenda trägt einen Hut am Meer


Wenn du öfter hier auf meinen Seiten vorbeischaust, weißt du, dass ich auf Wissenschaft stehe, und dass ich mit den Jahren eine ziemlich große Skepsis gegenüber jeder Art von Woo-Woo entwickelt habe.

(Um nicht zu sagen eine veritable Allergie. Dabei war ich früher selbst super woo-woo. Nicht umsonst trug ich den Spitznamen „Madonna unter den Eso-Schnallen“ 😄. Ich weiß übrigens auch, dass jede wissenschaftliche Erkenntnis von heute der Irrtum von morgen sein wird. Aber an irgendetwas muss selbst ich mich vorübergehend festhalten.)

Gleichzeitig gibt es etwas Mystisches, das sich kaum wissenschaftlich erklären lässt, und dessen Existenz sich nur schwer abstreiten lässt.

Vor allem dann, wenn es um Poesie geht.

Danke, Poesie.

Vergangene Woche zum Beispiel, beim Abschluss des 6-monatigen MINDSET METAMORPHOSIS Programms.

Beim allerletzten Call habe ich die Frauen angeleitet, ein Pantoum zu kreieren.

Ein Pantoum ist eine malaysische Gedichtsform, deren Wurzeln bis ins 15. Jahrhundert zurückgehen. Ich nenne das Pantoum den „Gesang der Seele“, und verwende es fast immer zur Verankerung komplexer transformativer Prozesse.

In besagtem Call trat jede der Frauen auf eine virtuelle Bühne und trug ihr Pantoum vor, ihren einzigartigen Seelen-Gesang.

Ich hatte bei jeder von ihnen Gänsehaut und bin vor Ehrfurcht erschauert.

Es gibt etwas, das nur die Poesie kann.

MINDSET METAMORPHOSIS beruht auf wissenschaftlichen Prinzipien und Methoden aus Positiver Psychologie, Narrativer Theorie und Neurowissenschaften. Von dort kommt die Wirksamkeit des Programms – aber nur durch die Magie des Schreibens, durch das Mysterium der Poesie spricht es wirklich zur Seele.

Das lässt sich weder fabrizieren noch erzwingen. Das ist auch nichts, was ICH jemals machen oder bewirken könnte.

Es konnte nur geschehen, weil diese Frauen sich so tief eingelassen haben auf sich selbst, auf einander, auf diesen anspruchsvollen Weg.

An diesem Abend, nach diesem Call, habe ich Tränen der Berührung und Ergriffenheit vergossen.

Danke, Poesie.

Ja, es gibt etwas, das nur du bewirken kannst.


Danke, Männer.

Während ich meine Tränchen vergoss und mein Make-up dramatisch auf meinen Wangen verschmierte, hat mein Liebster mich gehalten.

Der Mann an meiner Seite, der unverbrüchlich an mich glaubt, und ohne den ich niemals dort wäre, wo ich heute stehe, gehe und tanze.

Es hat lange gedauert, bis ich die Unterstützung von Männern annehmen konnte, ohne mich als Frau schwach und abhängig zu fühlen.

Heute weiß ich:

Es geht nur so.

Es geht nur mit Unterstützung.

Und ich sehe es als Zeichen meiner inneren Befreiung, dass ich als Frau in der Sichtbarkeit stehe und Pionierinnen-Arbeit leiste, während die Männer in meinem Leben mich im Hintergrund supporten.

Und zwar nicht nur emotional und moralisch.

Sie erledigen auch den Einkauf, sie kochen und putzen, während ich alternierend A) so sehr an meinen kreativen Projekten verzweifle, dass ich zu nichts mehr zu gebrauchen bin, und B) derartig enthusiastisch in den kreativen Flow meiner kreativen Projekte kippe, dass ich ebenfalls zu nichts mehr zu gebrauchen bin 😉

Wie die meisten von euch wissen, lebe ich in einer ethisch non-monogamen Ehe. Das heißt, ich habe mehr als einen „significant other“ .

Und ich mag es so, dass diese significant others mich still und unsichtbar unterstützen, während ich in der ersten Reihe stehe und die Hauptrolle spiele, zumindest in diesem Stück.

Die Rollen haben sich umgekehrt in meinem Leben.

Ich muss jedes Mal fett und triumphierend grinsen, wenn ich daran denke.

Ha.

Dem Patriarchat ein Schnippchen geschlagen.

Ha!

Danke, ihr großartigen, unterstützenden, intelligenten, starken Männer in meinem Leben.

Ich habe solchen Respekt vor euch.

Danke.

Danke, Leben.

Ich habe hier in den Goldstücken oft und viel über Berufung geschrieben. Meistens aus Sicht der Positiven bzw. Humanistischen Psychologie, manchmal auch aus einem spirituellen Blickwinkel.

Selten jedoch aus meiner persönlichen Sicht – denn die will ich keinesfalls irgendjemandem „überstülpen“. Schließlich ist jeder Mensch und jeder Weg einzigartig, und was für mich stimmt, muss für dich noch lange nicht stimmen.

Heute mache ich eine Ausnahme und erzähle ein bisschen von mir.

Meinem inneren Ruf zu folgen, hat mich tiefer beseelt und beglückt, als ich mir je vorstellen hätten können. Es hat mich aber auch weiter hinein ins Mark des Lebens geführt, als mir lieb war.

Es hat mich mehr gefordert und an meine Grenzen gebracht, als ich für möglich gehalten hätte.

Diesen Weg zu gehen, hat mich nicht nur in luftige Höhen und zu magischen Momenten geführt, wie in besagtem Call, und wie ich sie in meinen Seminaren und Retreats verlässlich erlebe.

Mein Berufungsweg hat mich auch durch tiefe Täler peinigender Selbstzweifel geführt, und durch mehr als eine dunkle Nacht der Seele. Er hat mir das Ende von Beziehungen, Freundschaften und Kooperationen eingebracht, die einfach nicht (mehr) mit diesem Weg in Einklang zu bringen waren. Immer wieder stand ich vor der Wahl, eine Beziehung (oder viel Geld) zu verlieren – oder mich selbst.

Da der Berufungs-Weg ein Weg der Wahrhaftigkeit ist, war die Entscheidung immer klar.

Aber trotzdem nicht immer einfach.

Dieser Weg hat mir auch einiges an Neid eingebracht, an Anfeindungen und bitterböser Kritik.

Er hat mir mehr Durchhaltevermögen und Resilienz abgefordert, als ich glaubte, aufbringen zu können. Er hat mich dazu gezwungen, mir ein weit dickeres Fell wachsen zu lassen, als ich dachte, tragen zu können. Er hat mich bis auf die Knochen gehumbled und mir so viele Ego-Tode beschert, dass ich mich manchmal frage, was überhaupt noch übrig ist von mir, und womit ich mich noch identifizieren kann oder will.

Dieser Weg hat mich gezwungen, einen inneren „Bullshit“-Detektor zu entwickeln, der bei jeder Art spirituellen Blablas, pseudopsychologischen Humbugs oder absurder Erfolgs-Versprechen zuverlässig anschlägt. Er hat mir auch zu einem hypersensiblen Näschen verholfen, das Neid, Missgunst, und auf mich projizierte Frustration ob des eigenen fehlenden Mutes zu einem außergewöhnlichen Leben hundert Meter gegen den Wind riecht.

Dieser Weg hat mich gelehrt, auf Wellen zu surfen, die weit höher und mächtiger waren, als ich ihnen mit meinen Surf-Skills eigentlich (!) gewachsen war.

Gesurft bin ich sie trotzdem, und an ihnen erstarkt und gereift. Manchmal bin ich auch in einer von ihnen untergegangen, und nach einiger Zeit nach Luft schnappend an einer ganz anderen Stelle des Ozeans wieder aufgetaucht, nicht sicher, ob ich nicht lieber doch auf den Meeresgrund sinken und mich ein paar Jahrhunderte lang ausruhen möchte.

Aber wie schrieb Rumi so schön?

„Ich weiß, du bist müde. Aber komm. Das ist der Weg.“ (*)

Ich bin sicher, die nächstgrößere Welle ist schon im Anrollen, und ich mache mich bereit.

Aber heute, nur für diesen einen Tag, lasse ich das Surfbrett zuhause und feiere.

Mich.

Meinen Weg.

Das Leben.

Und, mehr als alles andere, das Wunder der Poesie.

(*) In Wirklichkeit schrieb Rumi: „Komm, komm, wer du auch bist. Wanderer, Götzendiener, Anbeter des Feuers, komm. Auch wenn du deinen Schwur tausendmal gebrochen hast, komm dennoch. Komm, komm, das ist der Weg.“

Aber die kurze (und bekanntere) Version tut’s auch …

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3 Antworten

  1. Liebe Laya, dein Artikel beschäftigt mich.
    In mir taucht die Frage auf, was ist jetzt wirklich besser?Ja, Du hast die Rollen getauscht und jetzt bist du die, der der“Rücken“ freigehalten wird, wie es viele Jahrhunderte die Frauen für ihre Männern taten. Nur was ist daran neu?
    Vielleicht muss das Pendel mal in die andere Richtung ausschlagen und das tut es ja tatsächlich bei der jüngeren Generation. Doch finde ich auch das nicht wirklich befriedigend.
    Ich finde es gut was du machst, das weißt du Ich kenne dich auch gut genug, um zu wissen, dass du meine Zeilen nicht als Kritik verstehen wirst. Ich hab bloß keine Antwort auf meine Überlegungen.
    Lieben Gruß Uli

    1. Ich habe nicht die Rollen getauscht, sondern Rollen abgelegt – das ist ein großer Unterschied. Die Männer in meinem Leben und ich unterstützen einander so, wie es unserem jeweiligen Naturell entspricht, und nicht gemäß Gender-Stereotypen.

      Ich habe übrigens auch nichts dagegen, dass das Pendel vorübergehend in die andere Richtung ausschlägt. Wusstest du, dass verheiratete Frauen mit Kindern im Durchschnitt eine deutlich niedrigere Lebenserwartung und deutlich mehr gesundheitliche Probleme haben als unverheiratete Frauen ohne Kinder? Hingegen haben verheiratete Männer eine höhere Lebenserwartung, mehr Wohlstand und mehr Gesundheit als unverheiratete. Woran liegt das wohl?

      Langfristig wünsche ich mir, dass wir mit dem Vergleichen etc. aufhören können und einander einfach als Menschen begegnen. Aber bis dahin braucht es vielleicht so etwas wie Ausgleich oder Wiedergutmachung im Kollektiv für Jahrtausende der Ungleichheit, der geraubten Lebenszeit und Lebendigkeit. Glücklicherweise gibt es Männer, die liebend gerne zu diesem Ausgleich beitragen. Und das sind diejenigen, die in meinem Leben und meinem Herzen einen Platz bekommen.

  2. Liebe Laya….
    DANKE für dieses Goldstück…..ich beglückwünsche Dich zu Deinem Mut. Deinem Weg und zu Deinem Erfolg von ganzem Herzen!!!!

    Ganz besonders berührt hat mich der Satz „..denn die will ich keinesfalls irgendjemandem „überstülpen“. Schließlich ist jeder Mensch und jeder Weg einzigartig, und was für mich stimmt, muss für dich noch lange nicht stimmen….“

    Ja, ganz genau so sehe, empfinde, denke… ich das auch……glücklicherweise konnte ich bisher jene Freiheit in Deiner Methode und Begleitung erleben…….und das habe ich sehr zu schätzen gelernt, denn dies hat mir u.a.dabei geholfen, meine „Genervtheit und Übersättigung“ durch „content consuming“ dahingehend zu regulieren, daß ich bei MIR und meinen Themen bleiben kann…….ich brauche keine „Projektionsflächen/menschen“ mehr.,….an denen ich mich reflexartig abreagiere!
    DANKE für Dein unermüdliches Engagement, DANKE für Dein Teilen aus Deinem privaten Leben – ich beneide Dich sowas von NICHT, denn ICH LIEBE MEIN LEBEN !!!!!!

    Von Herzen,
    Dagmar 😉

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