Die eine Frage, die dich sicher macht

Sicherheit finden in der Krise

Es wackelt.

Im Außen, und manchmal auch im Innen.

Ja, wir leben in wackeligen Zeiten. Wir erleben unsichere Tage, Wochen und Monate – und niemand von uns bleibt davon unberührt. Angst und Stress flirren in der Luft. Wir können uns nicht gänzlich davon abkoppeln.

Werden meine Kinder nächste Woche noch in die Schule gehen? Werde ich meine Mutter im Pflegeheim besuchen dürfen? Wird die Ausbildung stattfinden? Wird mein Job so bleiben, wie er jetzt ist? Werden mir die Aufträge wegbrechen? Wer ist vertrauenswürdig? Ist mein Geld sicher angelegt? Wie gefährlich ist das Virus? Stimmen die Zahlen – und wenn ja, was bedeuten sie?  Wie kann ich mich schützen? Muss ich mich schützen – oder haben die Verschwörungstheoretiker*innen vielleicht doch recht?

Wenn unser Geist DORTHIN wandert – zu diesen und den tausend anderen Fragen, die wir uns im Moment stellen könnten -, ist keine Sicherheit zu finden.

Deshalb möchte ich dich einladen, dir heute eine andere Frage zu stellen.

Eine Frage, die ich mir oft stelle, wenn ich das Gefühl habe, dass NICHTS mehr sicher ist.

Eine Frage, die ich auch meinen Coaching-Klientinnen manchmal stelle, wenn sie mir gegenübersitzen, tief seufzen, den Blick in die Ferne schweifen lassen und sagen: „Ich habe das Gefühl, ich weiß überhaupt nicht mehr, wo es langgeht.“

Die Frage lautet: „Was weißt du SICHER?“

Vielleicht möchtest du dir Zeit nehmen, um zu schreiben. Um deine persönlichen Antworten auf diese Frage zu Papier zu bringen. Denn dann wirst du feststellen, dass zwar sehr vieles sehr unsicher ist – dass es aber auch ein paar Dinge gibt, an denen absolut kein Zweifel besteht.

Meine Antworten auf diese Frage teile ich hier mit dir.

Laya, was weißt du sicher?

# 1 Dass es nicht so bleiben wird.

„Das wird nicht so bleiben“ ist einer der wahrsten Sätze des Universums – und er hat mich schon oft getröstet.

Zahnschmerzen? Das wird nicht so bleiben.

Liebeskummer? Das wird nicht so bleiben.

Einsamkeit? Das wird nicht so bleiben.

Covid-19? Das wird nicht so bleiben.

Dieser Satz, gemeinsam mit ein paar befreienden Atemzügen, macht uns innerlich weit. Natürlich geht es nicht darum, vor dem zu fliehen, was ist. Es geht nicht darum, uns nicht damit auseinanderzusetzen.

Aber wir können uns ANDERS damit auseinandersetzen, wenn wir spüren: Was ich da gerade erlebe, ist eine Welle. Ich habe schon viele Wellen er- und überlebt, und noch jede – auch der riesigste Wellenberg – ist irgendwann wieder im Meer verschwunden. Manchmal ist mir die Luft weg und das Herz stehen geblieben – und trotzdem habe ich jeder dieser Wellen standgehalten, bin auf jeder gesurft, bin flexibler, souveräner und geschickter geworden und habe mit jeder von ihnen mehr Vertrauen in mich und ins Leben gewonnen.

As an apprentice of Goddess you learn to ride the waves of expansion and contraction in your life.

Slowly, you become more able to stay awake, resourced and grounded through it all,

and to forgive yourself when you don’t.

~ Chameli Ardagh

Übrigens: „Das wird nicht so bleiben“ gilt auch für die schönen, heilsamen und magischen Momente unseres Lebens.

Das mache ich mir in solchen Momenten auch oft bewusst. Natürlich nicht, um sie mir madig zu machen! Im Gegenteil –  ich mache das, um sie tief tief tiiiieeef zu genießen, zu inhalieren, in jede Körperzelle aufzunehmen, in dem Wissen, dass diese Momente vorübergehen.

Früher war das anders. Erlebte ich einen Moment bedingungslosen Glücks, einen Moment des Erwachens, in dem die ganze Welt plötzlich in hellem Licht strahlte – zum Beispiel bei einem Schweige-Retreat – dachte ich: „Ha! Ich hab’s! Ich hab’s gefunden, und ab jetzt wird es immer so sein!“

Ganz ähnlich in Beziehungen oder wenn es um meine Berufung ging. Diese Momente herrlicher Klarheit, tiefster Verbundenheit, schönster Harmonie und hellster Freude – am liebsten hätte ich sie festgehalten. Oder mir selbst weisgemacht, dass ich nur dieses oder jenes tun müsse, um auf immer und ewig in solchem Glück zu schwelgen.

Aber ich bin oft genug nach derart erhabenen Momenten wieder in den dunkelsten Tälern meiner Seele gelandet, um zu wissen, dass „Glück etwas für Augenblicke ist“, wie Christine Nöstlinger es so schön ausdrückte.

Glück festhalten zu wollen tut ihm (und uns) Gewalt an. Und es verhindert, dass unsere Hände und unser Herz frei sind für frische, neue, unverbrauchte Glücks-Momente.

Du musst das Leben nicht verstehen,dann wird es werden wie ein Fest.Und lass dir jeden Tag geschehenso wie ein Kind im Weitergehen von jedem Wehensich viele Blüten schenken lässt.

Sie aufzusammeln und zu sparen,das kommt dem Kind nicht in den Sinn.Es löst sie leise aus den Haaren,drin sie so gern gefangen waren,und hält den lieben jungen Jahrennach neuen seine Hände hin.

~ Rainer Maria Rilke

# 2 Ich will Teil der Lösung sein.

Auch wenn nicht immer klar ist, was das konkret bedeutet: Ich will zur Lösung beitragen. Ich will mich nicht in Probleme verbeißen, und ich will weder mir noch irgendjemand anderem, und auch nicht der Wirtschaft, der Politik, der Gesellschaft oder den Mondknoten die Schuld an irgendetwas geben.

Klar rutsche auch ich immer wieder in meine alte Opfer-Haltung. Klar verheddert sich mein Kopf immer wieder in Grübel-Spiralen und umkreist tagelang dasselbe „Problem“. Klar gibt es auch in mir immer wieder „Krieg“.

Aber auch meine Intention ist klar. Solange ich auf dieser Welt lebe, solange ich Teil dieser Menschheit bin, solange werde ich nicht aufhören, Tag für Tag für Tag den guten Wolf in mir zu füttern. Ich werde aber auch nicht aufhören, meinem bösen Wolf zuzuhören. Denn ganz oft erzählt er mir von unerfüllten Bedürfnissen, und von alten Ängsten und Schmerzen, die nach meiner Aufmerksamkeit rufen. Schenke ich sie ihnen, hört der böse Wolf auf, die Zähne zu fletschen und Unfug zu treiben, und die Unterscheidung zwischen Gut und Böse erübrigt sich plötzlich – Wölfe sind einfach Wölfe.

Ich kann vielleicht nicht VIEL tun, aber ich kann ETWAS tun. Ich kann mich jeden Tag für SMALL, BRAVE THINGS entscheiden.

Und das tue ich.

# 3 Ich muss nichts wissen.

Es ist schon witzig, was Corona alles offenbart. Menschen, mit denen ich noch vor ein paar Monaten friedlich Matte an Matte yogiert oder harmlose Mails ausgetauscht habe, präsentieren sich plötzlich als Prophetinnen oder  verlieren sich in wildesten Verschwörungstheorien. Andere wiederum, die ich als tiefenentspannte Zeitgenossinnen eingeschätzt hätte, gehen nicht mehr vor die Haustür – und wenn sie es doch tun, dann kriegen sie die Krise wegen all jener, die sich weigern, Maske zu tragen oder auf Umarmungen zu verzichten.

Nicht, dass ich keine Meinung zu dem einen oder anderen aktuellen Thema hätte.

Aber ich weiß, dass meine Meinung nur eine Meinung ist.

Ich weiß, dass es für jede Meinung Argumente und Gegenargumente gibt.

Ich weiß, dass in einer derart komplexen Angelegenheit, niemand letztendlich „recht“ haben kann.

Meine Vermutung ist, dass diejenigen, die sich vehement in extremen Standpunkte einbetonieren und nahezu missionarisch versuchen, andere von ihrer Meinung zu überzeugen, wenig innere Sicherheit haben und deshalb verzweifelt nach IRGENDEINER Form von Halt suchen. Ambivalenz und Mehrperspektivität macht sie hochgradig nervös.

„Entspann dich ins ‚Ich weiß nicht‘ hinein“, pflegte eine meiner spirituellen Lehrerinnen zu sagen. 

Was für eine Erleichterung: Ich weiß, dass ich nichts wissen muss. Also, liebes Köpfchen, ich hör jetzt auf, mir dich zu zerbrechen. (War das jetzt ein deutscher Satz? Ich glaube nicht 😉  )

Stattdessen: Relax. Nothing is under control.

# 4 I can do hard things.

Ich hasse es, kalt zu duschen. Ich tue es trotzdem jeden Tag.

Jeden Tag möchte ich am liebsten kneifen. Aber dann kneife ich doch nicht.

Warum? Weil meine Gesundheit höchste Prio für mich hat, weil ich noch sehr lange und sehr lebendig über diesen schönen Planeten wandeln will, und weil sowohl die alten Yogis als auch Mister Eis-Mann Wim Hoff (und neuerdings sogar einige ernstzunehmende Wissenschafter*innen) von den vielen positiven Wirkungen des Kaltduschens zu berichten wissen.

Manchmal müssen wir Dinge tun, die im Moment unangenehm bis schmerzhaft sind, uns aber langfristig dorthin führen, wo wir hinwollen. Zum Beispiel müssen wir bereit sein, Fehler zu machen und aus unserer Komfortzone auszubrechen, wenn wir etwas Neues ausprobieren und wachsen wollen. Wir müssen bereit sein, das Risiko der Zurückweisung einzugehen, wenn wir unser Herz für andere Menschen öffnen wollen. Wir müssen bereit sein, schwierige Gefühle zu FÜHLEN, statt uns mit Essen, Arbeit, Alkohol oder tonnenweise Selfhelp-Büchern zu betäuben. (Ich weiß, wovon ich spreche – als ich gut 30 war, habe ich eine Essstörung überwunden. Mutig genug zu sein, um wirklich zu FÜHLEN war der Schlüssel dazu.)   

„The obsession with instant gratification blinds us from our long-term potential“, sagt Michael Dooley dazu.

Also: Ich bin bereit HARD THINGS zu tun, wenn es dazu beiträgt, dass ich DIE Laya bin und werde, die ich sein will.

Ich bin aber nicht mehr bereit, HARD THINGS zu tun, nur weil irgendjemand das von mir erwartet oder weil unsere Gesellschaft und unser Wirtschaftssystem so verquer ticken, wie sie es nun mal tun.

Was ich sonst noch sicher weiß

Ich weiß, dass es einen Grund dafür gibt, dass ich hier bin.

Ich weiß, dass es eine Stimme in mir gibt. Eine Stimme, die ich nicht immer höre und auch nicht immer verstehe – aber es gibt sie, und jedes Mal, wenn ich ihr gefolgt bin, ist alles gut ausgegangen.

Ich weiß, dass ohne Beziehungen das Leben NICHTS ist.

Ich weiß, dass ich vom Leben mehr geschenkt bekommen habe, als ich mir jemals träumen hätte lassen. (Im Übrigen habe ich meistens GANZ ANDERE Dinge geschenkt bekommen als die, die ich mir erträumt habe ;-).)

Ich weiß, dass ich meine beiden Piraten mehr liebe als alles andere auf der Welt.

Ich weiß, dass ein warmes Bett und mein E-Reader immer ausreichen werden für einen Moment tiefer Zufriedenheit.

Ich weiß, dass es immer irgendwie weiter geht.

Und ich weiß, was die große Tanne vor meinem Schlafzimmerfenster mir jeden Tag zuflüstert: Du bist da, Layakind, und du atmest. Das genügt.

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Was weißt DU sicher? Schreib in die Kommentare – ich freue mich darauf, von dir zu erfahren!

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