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Ein neues Jahr und keine Ziele 

 Dezember 30, 2016

Das schönste aller Weihnachtsgeschenke bekam ich 2016 von der besten aller Geschäftspartnerinnen – ein wunderschönes Büchlein, in das sie für mich ihre Lieblingsgedichte und -zitate geschrieben hat. Ich bekomme jedesmal Gänsehaut, wenn ich darin lese. Die richtigen Worte zur richtigen Zeit tragen so viel Kraft, Heilung und Klärung in sich! Und dann noch handgeschrieben!
{Danke nochmal an dieser Stelle, liebe I. Ich liiieeeebe es!}

In diesem Büchlein habe ich das folgende Zitat gefunden:

„Überall geht ein früheres Ahnen
dem späteren Wissen voraus.“
~ A. v. Humboldt

Genau ein solches Ahnen empfinde ich schon seit längerer Zeit in Bezug auf Ziele.

Ich war immer ganz groß im Ziele-Setzen. Lebensziele, Jahresziele, Monatsziele, Wochenziele, Ernährungsziele und was weiß ich noch alles.

Im Ziele-Erreichen war ich leider nicht ganz so groß. Am Jahresende, am Monatsende und am Wochenende war ich daher oft frustriert. Und selbst wenn ich den Großteil meiner Ziele erreicht hatte, blieb da oft ein schaler Nachgeschmack. Hatte sich der Einsatz gelohnt? Und war es wirklich das, was mein Herz, meine Seele wollte – oder bin ich wieder einmal den falschen Dingen nachgelaufen?

Indem ich das, was das Leben mir tatsächlich gebracht hat, mit dem verglich, was ich mir vorgenommen hatte, habe ich einen Filter angewendet. Eine Kluft erzeugt. Und diese Kluft hat mich daran gehindert, zu sehen: Ich habe ganz andere Dinge erreicht, als die, die ich mir vorgenommen hatte! Dinge, die oft viel grandioser, wunderbarer, liebevoller, sinnhafter, … waren als meine ursprünglichen Ziele!

Irgendwann begann ich zu ahnen, dass das Problem nicht darin bestand, dass ich mir die falschen Ziele gesetzt oder die richtigen Ziele nicht erreicht hatte, sondern in der Tatsache, dass ich mir überhaupt Ziele setzte.

Aber ich war noch nicht bereit, meine Ziele loszulassen.

The best goal is no goal, las ich auf zenhabits.  Früher ging es in Leo Babautas Blog oft darum, wie man sich die richtigen Ziele setzt und sie auch erreicht. Doch irgendwann hat er aufgehört, sich Ziele zu setzen, uns seither lebt er much more effortless. Das klang verlockend. Und da war auch wieder dieses frühe Ahnen … Wie wäre wohl ein Leben ohne Ziele? Vielleicht freier, angenehmer, freudvoller, viel weniger rigide? Freude statt Frust – wer weiß?

Aber ich war noch immer nicht nicht bereit, meine Ziele loszulassen.

Denn ich hatte Angst. Angst, ohne konkrete Ziele die Orientierung zu verlieren. Angst, keinen Maßstab mehr zu haben für mein Leben. Angst, dass meine Motivation flöten gehen würde.

Doch dann kam 2016. Wie immer hatte ich zu Jahresbeginn meine Ziele in einem komplexen Mindmap aufgeschrieben, ordentlich sortiert in berufliche und Lifestyle-Kategorien, und konsequent habe ich mir dieses Mindmap regelmäßig angesehen, mich daran ausgerichtet, die eine oder andere Ergänzung oder Korrektur vorgenommen …

Einige meiner Ziele habe ich erreicht, einige nicht. Und jetzt, da dieses Jahr zu Ende ist, merke ich: Es ist mir völlig egal. Es ist völlig ohne Bedeutung. Das, was wirklich zählt, sind diese Momente. Das, was wirklich zählt, sind aufrichtige, tiefe Beziehungen und Begegnungen. Das, was wirklich zählt, ist die Liebe zum Leben, dazu, wie es sich entfaltet, dazu, ein Teil davon zu sein, der sich in diese Entfaltung intelligent einfügt, statt sich dagegen zu wehren.

„Es ist nicht unsere Aufgabe, das Leben verändern zu wollen, zu schimpfen auf das Leben, uns zu ärgern über das Leben – unsere Aufgabe ist es, zu fließen mit dem Leben, uns intelligent einzufügen.“
~ Moritz Boerner, The Work

2016 hat mich gelehrt, was wirkliche Hingabe ist. Dieses Jahr hat mich so oft in die Knie gezwungen und mich ent-täuscht, dass mir gar nichts anderes übrigblieb, als eine tiefe Verbeugung und den Satz „Dein Wille und mein Wille sei ein Wille“ in mein morgendliches Gebet an Gott/das Leben/den Kosmos einzubinden.

Und in diesen Tagen zwischen den Jahren, in diesen Tagen, in denen das Alte sich auflöst, ohne Spuren zu hinterlassen, in denen das Neue als stilles Ahnen, als geheimnisvolles Wehen in meinem Bewusstsein vibriert, bin ich endlich so weit:

Ich setze mir für 2017 keine Ziele.

„Ist Demut diese wertfreie Liebe im Wissen um die kosmische Ordnung, im Anerkennen und Akzeptieren gegenüber dem, was ist, so wie es ist und so wie es werden muss?“
~ Theodor Fontane

Demut. Wertfreie Liebe. Anerkennen, was ist und wie es werden muss. Mit diesem Sein und Werden fließen, reifen, wachsen.

Das ist es, was ich mir für 2017 vornehme.

 

3 Irrtümer über Ziele

1) Ohne Ziele kommst du nirgendwo hin.

Falsch. Ohne Ziele kommst du sehr wohl irgendwo hin – du musst nur gehen. In Bewegung bleiben. Der Intuition folgen. Immer wieder hinspüren – wohin zieht es mich? Welche Erfahrung reizt mich? Was ist heute dran? Und heute? Und heute?

„Grinse-Mies,“ fing Alice etwas ängstlich an, da sie nicht wusste, ob ihr der Name gefallen würde; jedoch grinste sie noch etwas breiter. „Schön, so weit gefällt es ihr,“ dachte Alice und sprach weiter: „Willst du mir wohl sagen, wenn ich bitten darf, welchen Weg ich hier nehmen muss?“

„Das hängt zum guten Teil davon ab, wohin du gehen willst,“ sagte die Katze.

„Es kommt mir nicht darauf an, wohin –“ sagte Alice.

„Dann kommt es auch nicht darauf an, welchen Weg du nimmst,“ sagte die Katze.

„– wenn ich nur irgendwo hinkomme,“ fügte Alice als Erklärung hinzu.

„O, das wirst du ganz gewiss,“ sagte die Katze, „wenn du nur lange genug gehst.“

~ Aus „Alice im Wunderland“

 

2) Ohne Ziele habe ich keine Motivation, die Dinge zu tun, die getan werden müssen.

Falsch.

Ich kenne diese Angst. Die Angst, ohne Ziele meinen Hintern nicht mehr hoch zu bekommen, den ganzen Tag nur mehr in der Hängematte abzuhängen, Schokolade in mich hineinzustopfen oder fernzusehen.

Aber ich habe gar keinen Fernseher und auch keine Hängematte. Und ich hatte noch nie länger als ein paar Stunden Lust, einfach abzuhängen. Ich habe FREUDE am Tun. Ich habe LUST am Kreieren und Erschaffen. Auch ohne konkretes Ziel.

Wenn ich der Lust und der Freude folge, steigt meine Motivation in schwindelerregende Höhen. Wenn ich mich an der Tagesqualität und an meinem eigenen Energielevel orientiere, bin ich hundertmal produktiver, als wenn ich stur meinen Zielen und Plänen folge.

Dinge, die getan werden sollen, werden getan. Wenn das Leben sich mich dafür ausgesucht hat, dass diese Dinge getan werden, dann werde ich die Kraft und die Motivation dafür haben und sie einfach tun. Punkt.

Was ICH will, ist weniger wichtig, als was DAS LEBEN von mir will.  Und wenn ich so vertrauens- und hingebungsvoll sein kann, selbst genau das zu wollen, was das Leben von mir will, dann habe ich alle Energie der Welt dafür.

Das ist zumindest meine Erfahrung.

 

3) Wenn ich keine Ziele habe, verliere ich die Kontrolle über mein Leben.

Falsch.

Du verlierst die ILLUSION von Kontrolle. Und das ist der größte Segen.

Und gleichzeitig eine unserer größten Ängste.

Dabei wissen wir ganz genau: Wir können nicht kontrollieren, was geschieht. Das einzige, das wir kontrollieren können, ist, wie wir über die Dinge denken und mit den Dingen umgehen, die passieren. Darin liegt die ganze – und die köstlichste – Freiheit. Wir können uns immer wieder bewusst mit dem Fluss des Lebens, mit seiner immanenten Intelligenz verbinden, statt unsere Energie zu verschwenden, indem wir gegen ihn anschwimmen oder uns krampfhaft am Ufer festhalten.

„Going with the flow isn’t about being passive or just letting things happen ‚to you‘.

‚The flow‘ is the ocean of cosmic intelligence. And it’s a co-creative act to pay attention and move where it wants to take you.

‚Flow‘ takes some effort.

~ Danielle Laporte

 

„Allow me, Divine, to willingly embrace and move with your divine flow, knowing every true need is always, always met.

May I know all unfolds in the right timing, may I trust that all delays work only for my highest good.“

~ Tosha Silver

Damit wir uns nicht falsch verstehen: Sich keine Ziele zu setzen hat nichts mit Passivität zu tun. Es bedeutet nicht, dass wir unser Leben nicht in die Hand nehmen oder keine intelligenten Pläne machen sollten.

Es bedeutet auch nicht, dass wir uns nicht bewusst ausrichten sollten.

Im Gegenteil.

Je mehr innere Ausrichtung wir haben, desto weniger konkrete Ziele brauchen wir.

Je klarer und fokussierter unser Geist ist, desto weniger müssen wir uns im Außen an irgendetwas festhalten.

Je sicherer wir spüren: Die Richtung stimmt!, desto freudvoller wird der Weg – und Ziele werden immer unwichtiger.

Weiterhin beherzt den Weg des Wesentlichen gehen.

Die Freude immer mehr zum Leitstern werden lassen.

Wollen, was ist. Tiefer gehen, tiefer blicken, tiefer lieben.

Das sind meine Intentionen für 2017.

„Fear less, hope more

Whine less, breathe more

Talk less, say more

Hate less, love more

And all good things are yours.“

~ Author unknown

In ihrem wunderbaren Buch Traveling mercies erzählt die ebenso wunderbare Anne Lamott von einer Frau, deren Morgengebet „Whatever“ lautete, und das Abendgebet „Oh well“. (Nebenbei bemerkt gab die Frau zu, dass diese Gebete Menschen ohne Kindern etwas leichter über die Lippen gehen :-)).

Das hat mich inspiriert.

Mein Morgengebet wird ab sofort: „Was auch immer“ lauten, und mein Abendgebet „Danke“.

Oder zumindest „Aha“.

Oder „Na gut, wenn du meinst.“

2017, du kannst kommen. Ich bin da!

 

Foto Fluss: © Benjamin Nickel – Fotolia.com

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