„Andere sind damit doch auch zufrieden.“
„Wer glaube ich eigentlich zu sein, um DAS zu wollen?“
„Ich habe doch eigentlich ein schönes Leben …“
„Schuster bleib bei deinen Leisten.“
„Mein Partner / mein Job / meine Wohnung ist doch ganz okay. Mehr kann frau einfach nicht erwarten.“
So oder ähnlich verkleidet sie sich – die BESCHEIDENHEIT.
Und damit einer der Begriffe, die ich nicht mehr hören kann, und die ich deshalb aus meinem Wortschatz gestrichen habe.
Sie kommt so harmlos, moralisch und tugendhaft daher – in Wirklichkeit aber hält die Bescheidenheit uns in einem Leben gefangen, das viel zu klein, eng und langweilig für uns ist.
Wir haben Wünsche, Träume und Visionen.
Wir tragen Sehnsüchte in uns.
Oder wir WOLLEN etwas. Einfach nur so, ohne bestimmten Grund.
Und dann?
Dann verwehren wir uns diese Wünsche, Träume und Visionen, weil irgendetwas in uns glaubt, wir hätten es nicht verdient, diese Dinge zu haben oder zu erleben.
Diese Knausrigkeit uns selbst gegenüber verstecken wir dann unter dem Deckmäntelchen der Bescheidenheit. Denn ist es nicht viel „moralischer“ und tugendhafter, sich einen Wunsch zu versagen, als etwas zu WOLLEN, wie irrational, größenwahnsinnig (!) oder ungewöhnlich es auch sein mag?
Vielleicht.
Auf jeden Fall aber ist es ein Missverständnis. Denn wem, bitte, ist geholfen, wenn wir uns unsere Träume und Wünsche, unsere Sehnsucht und unser Wollen nicht zugestehen?
Naja – vielleicht, wenn wir mal für einen Moment ganz ehrlich sind: uns selbst.
Denn Bescheidenheit ist bequem.
Es ist bequemer zu sagen „Ich brauche nicht viel“ als für das zu kämpfen, was wir wollen oder was uns zusteht.
Es ist bequemer, zu sagen „Erfolg ist nicht wichtig“ oder „Auf Geld kommt es nicht an“, als den Mut und die Kraft aufzubringen, um das zu erreichen, was wir für uns selbst als Erfolg definiert haben oder so viel Geld zu verdienen, wie es sich WIRKLICH gut anfühlt.
Es ist bequemer, zu sagen „Ich bin mit dem zufrieden, was ich habe“, statt sich den Ängsten und Zweifeln auseinanderzusetzen, die mit der Entfaltung der natürlichen Wachstumskräfte im Menschen unweigerlich einhergehen.
ES IST BEQUEMER, ZU SAGEN „ICH BRAUCHE NICHT VIEL“, als für das zu kämpfen, was wir wollen oder was uns zusteht.
Das Interessante ist: Wenn wir Frauen uns Raum nehmen und das eigentlich Selbstverständliche einfordern, kommen wir uns oft schon maßlos vor. Total unbescheiden. Und womöglich werden wir sogar so wahrgenommen.
Studien haben gezeigt:
Frauen, die ein Viertel der Redezeit für sich beanspruchen, werden von anderen so wahrgenommen, als hätten sie mehr als die Hälfte der Zeit geredet.
Frauen, die ihre Fähigkeiten und Errungenschaften betonen, werden zwar als kompetent eingestuft, gehen aber das Risiko ein, als weniger sympathisch empfunden zu werden.
Kurz: So, wie wir sozialisiert und programmiert wurden, müssen wir uns wirklich keine Sorgen machen, wir könnten maßlos, arrogant oder selbstherrlich sein.
Im Zweifelsfall also: Wirf die Bescheidenheit aus dem Fenster!
Zumindest dann, wenn mit Bescheidenheit so etwas wie Genügsamkeit und Anspruchslosigkeit gemeint ist.
Ich finde: Wir SOLLTEN hohe Ansprüche stellen an unser Leben.
Und es ist gut, anspruchslos sein zu KÖNNEN – dann nämlich, wenn es erforderlich ist, weil das Leben sich nun mal gerade von seiner kargen oder schwierigen Seite zeigt.
Aber warum, bitte, sollten wir anspruchslos sein, wenn wir inmitten unzähliger Möglichkeiten und größter Fülle leben?
Daher: Schluss mit der Bescheidenheit!
Gleichzeitig aber: Her mit der Demut!
Im Gegensatz zur Bescheidenheit bedeutet Demut nicht, dass wir uns kleiner machen als wir sind, sondern dass wir unsere grundsätzliche „Kleinheit“ anerkennen (unsere Größe natürlich auch …) Dass wir die Relativität unseres Lebens sehen. Und dass wir uns der Tatsache bewusst sind, dass wir nicht perfekt sein müssen, um wundervoll und wertvoll zu sein.
Demut bedeutet, anzuerkennen:
- Ich bin ein Mensch wie jeder andere auch – das heißt, ich habe Stärken und Schwächen und werde garantiert mein ganzes Leben lang herrlich unvollkommen und widersprüchlich sein.
- Das bedeutet auch, dass ich mich niemals als „schlechter“ oder als “ besser“ fühlen muss als andere. In unserem Wert als Menschen sind wir immer auf Augenhöhe miteinander.
- Ich darf Fehler machen. Ich muss sogar! Je mehr ich mich entwickle und mutig ausgetretene Trampelpfade verlasse, desto mehr Fehler werde ich machen. Das wiederum bedeutet: ich werde sehr, sehr viel lernen und mich prächtig entwickeln.
- Ich muss nicht alles schaffen, und schon gar nicht alleine. Ich darf um Hilfe bitten, und indem ich das tue, trage ich zur Verbundenheit unter uns Menschen bei.
- Ich muss nicht die Welt retten. Ich kann einen winzigen Beitrag zu einer besseren Welt leisten – und das ist völlig ausreichend.
- Ich habe nicht alles unter Kontrolle … und deshalb fokussiere ich mich auf DIE Dinge, die ich sehr wohl beeinflussen kann.
- Mein Lernprozess, mein Wachsen und Expandieren ist niemals abgeschlossen. Es gibt kein Ankommen – aber ein immer tieferes Wurzeln in meiner aufrichtigen, demütigen, großartigen Menschlichkeit.
Meisterschaft beginnt mit Demut. – Robin Sharma
Was bedeuten Bescheidenheit und Demut für dich? Poste in die Kommentare, um mich und andere zu inspirieren!