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Ist dieser Schmerz wirklich deiner? 

 November 2, 2019

Ich will nicht hier sein.

Ich will nicht hier sein, und der Schmerz droht mich zu überrollen.  Es ist tiefer, seelischer Schmerz, und ich kenne ihn gut.

Ich will nicht hier sein. Hier auf der Akutambulanz. Im Neuromed-Krankenhaus. Mit meinem Vater, der an Demenz erkrankt ist, und dem es seit ein paar Tagen gar nicht gut geht.

Ich will nicht hier sein, sondern dort. Dort, wo meine Bücher sind. Dort, wo all die Artikel und Papers und Studien warten, die ich lesen möchte. Dort, wo es mich hinzieht, mit wilder Sehnsucht, mit Wissbegier, mit tiefem Hunger. Hunger nach Bildung. Hunger nach Verstehen und Durchdringen.

Aber ich bin nicht dort, sondern hier, und die Mischung aus Wut und Mitgefühl, aus Verzweiflung und Empathie, aus Bei-meinen-Büchern-sein und Für-meinen-Vater-da-sein-Wollen schlägt wie eine Riesenwelle über mir zusammen. Wie gut, dass ich jahrzehntelang geübt habe, in Situationen, in denen der seelische Schmerz so intensiv ist, dass er mir fast die Luft raubt, weiterzuatmen, mich zu erden und präsent zu bleiben.

It is being honest about my pain that makes me invincible.
~ Nayyirah Waheed

 

Was war geschehen?

Die Aussicht hatte mich so glücklich gemacht. Die Aussicht, mich endlich endlich endlich ein paar Stunden am Stück meinem neuen Studium widmen zu können, nachdem die Upper East Uni London mich endlich akzeptiert hatte, nachdem ich endlich das Englisch-Zertifikat gemeistert hatte, nachdem endlich die Frauenerwachen-Convention erfolgreich hinter mir lag und endlich die neue Website gelauncht war. Beim Gedanken daran, mich nach all dem zumindest einen halben Tag lang ohne Unterbrechungen den Grundlagen der Positiven Psychologie widmen zu können, ließ mein Herz vor Freude tanzen.

Aber das Leben kam anders, und so steckte ich meinen Kopf nicht in meine Bücher, sondern verbrachte diesen halben Tag auf besagter Ambulanz mit meinem geschwächten Vater, der meine Unterstützung dringend brauchte.

Ist das wirklich SO schlimm?

Okay, okay. Alles nicht lustig und auch nicht angenehm. Aber ist so etwas wirklich ein Grund für SO intensive Emotionen?

Ja und Nein.

Nein, weil die Wucht der Emotionen dem aktuellen Anlass nicht angemessen war.

Ja, weil diese Emotionen nicht nur etwas mit mir und meiner persönlichen Familiensituation und Biografie zu tun haben, sondern mit dem kollektiven Schmerzkörper von uns Frauen.

Als ich vor vielen Jahren bei Eckhart Tolle zum ersten Mal von diesem Schmerzkörper las, wusste ich sofort, was er meinte. Und ich war so dankbar dafür, endlich einen Namen für das zu haben, was ich empfand. Ich war so froh darüber, mich verstanden zu wissen.

Sein Unglück ausatmen können, tief ausatmen, sodass man wieder einatmen kann, und vielleicht auch sein Unglück sagen können, in Worten, in wirklichen Worten, die zusammenhängen und Sinn haben, die man selbst noch verstehen kann, und die vielleicht irgendwer sonst versteht oder verstehen könnte, und weinen können, das wäre fast schon wieder Glück. 
~ Erich Fried 

Als ich bei Eckhart Tolle außerdem las, dass wir Frauen rund um die Tage der Menstruation in besonders engen Kontakt mit diesem Schmerzkörper kommen, und dass das eine riesige Chance ist, die Identifikation mit ihm aufzugeben und dadurch Teil der Heilung zu werden, stieg ein leises, aber bestimmtes JA in mir auf .

Ja, ich bin bereit. Ich bin bereit, diesen Schmerz zu fühlen und zu halten, willkommen zu heißen und zu bejahen, ihm nicht auszuweichen und ihn nicht mehr zu verbannen. Ja, ich will daran mitwirken, dass unser kollektiver Frauen-Schmerz, der sich über Jahrhunderte und Jahrtausende hinweg potenziert hat, heilen darf, daran, dass wir die Opferrolle hinter uns lassen und ein neues, gleichwertiges Miteinander mit den Männern dieser Welt gestalten.

Einige Frauen, die schon bewusst genug sind, ihre Opfer-Identität auf der persönlichen Ebene loszulassen, sind doch auf der kollektiven Ebene noch darin gefangen: „Was die Männer den Frauen angetan haben.“

Sie haben Recht – und zugleich auch nicht. Sie haben Recht, wenn es darum geht, dass der kollektive weibliche Schmerzkörper aufgrund männlicher Gewalttätigkeit gegenüber Frauen und aufgrund der Jahrtausende währenden Unterdrückung des weiblichen Prinzips auf diesem Planeten entstanden ist.

Sie sind im Unrecht, wenn sie aus dieser Tatsache ein Gefühl von Identität beziehen und dadurch in einer kollektiven Opfermentalität gefangen bleiben. Wenn eine Frau immer noch an Wut, Groll oder Verurteilung festhält, dann hält sie damit an ihrem Schmerzkörper fest. Sie mag dabei ein tröstliches Gefühl von Identität, von Solidarität mit anderen Frauen erfahren, aber sie bleibt dadurch auch an die Vergangenheit gebunden. Es verstellt ihr den freien Zugang zu ihrer Essenz und ihrer wahren Kraft.
~ Eckhart Tolle

 

Bilder, Bilder. Bilder. Bildung, Bildung, Bildung.

So sitze ich also auf harten, kalten Plastikstühlen neben meinem fröstelnden, zusammengekauerten Vater, und Bilder steige in mir auf.

Ich denke an die junge Tererai Trent im kriegsgebeutelten Zimbabwe, die nur unter größten Entbehrungen und mit größtem Risiko für sich und ihre Kinder einen College-Abschluss machen und in den USA studieren kann.

Ich denke an meine Mutter. Wie klug sie wirklich war, hat sich mir erst kurz vor ihrem Tod offenbart, als viele der Masken, die sie während ihres Lebens tragen hatte müssen, fielen. Doch wie so viele Frauen ihrer Generation hatte meine Mutter nie die Chance auf eine gute Ausbildung, geschweige denn auf einen Beruf, der sie erfüllt hätte.

Und ich denke an jenen Moment bei der Convention, als Udesha Kubesch und Uli Feichtinger alle anwesenden Frauen dazu aufriefen, symbolisch ihre Wünsche und Geschenke für die nachfolgenden Generationen darzubringen, und in dem es in mir ganz laut BILDUNG! BILDUNG! BILDUNG! rief. Ich wünsche allen Frauen und Mädchen dieser Welt, dass sie Zugang zu und Ressourcen für genau die Bildung haben, die ihnen entspricht, dass alle Frauen und Mädchen dieser Welt ihren Wissensdurst stillen und durch gute Bildung wirtschaftlich unabhängig sein können.

Und so wird mir klar: Meine Wut, meine Verzweiflung und meine Ohnmachtsgefühle hatten nur am Rande damit zu tun, dass ich ein paar Stunden lang für meinen Vater da war, statt für mich und mein Studium. Vielmehr hat mich diese Situation den Schmerz, die Wut und die Ohnmacht all jener Frauengenerationen vor mir spüren lassen, und all jener Frauen, die auch heute noch keinen Zugang zu Bildung haben – oder keine Ressourcen, weil sie diejenigen sind, die sich hauptsächlich um Kinder, alte und kranke Menschen kümmern, meist ohne jegliche monetäre Gegenleistung, und sehr oft auch ohne jegliche Anerkennung.

 

Was ist der kollektive emotionale weibliche Schmerzkörper?

Schmerz ist weder weiblich noch männlich. Aber wir Frauen haben eine andere kollektive Geschichte als Männer, und diese Geschichte ist geprägt von Ungerechtigkeit, Unterwerfung, Schmähung, Verachtung und Entwürdigung des Weiblichen. Auch auf Männer hat der kollektive weibliche Schmerzkörper einen Einfluss, besonders dann, wenn ihre Partnerinnen unbewusst aus ihm heraus agieren. Dennoch soll es hier erst mal um uns Frauen gehen.

Diese Ansammlung von Schmerz ist ein negatives Energiefeld, das deinen Körper und deinen Verstand besetzt. Wenn du es dir als ein unsichtbares Wesen mit seiner eigenen Persönlichkeit vorstellst, dann kommst du der Wahrheit ziemlich nahe. Das ist der emotionale Schmerzkörper. Er besitzt zwei Seinsformen: ruhend oder aktiv. […] Alles kann ihn aktivieren, besonders dann, wenn er mit einem Schmerzmuster aus deiner Vergangenheit in Resonanz geht. Ist er einmal bereit, aus seinem Ruhezustand herauszukommen, dann kann sogar ein Gedanke ihn erwecken oder eine unschuldige Bemerkung von jemandem, der dir nahe steht.
~ Eckhart Tolle

 

Woran merkst du, dass du mit dem kollektiven Schmerzkörper identifziert bist?

Vor allem sind es die Intensität und die Wucht der Emotionen, die dich zu überrollen drohen. Diese Emotionen können so heftig sein, dass es fast unmöglich scheint, bewusst zu bleiben und sie zu beobachten. Sie erfassen uns. Da sind unbändige Wut, da ist Hass, da ist Verbitterung, Verzweiflung oder Ohnmacht … Diese Emotionen sind dem Anlass in keiner Weise angemessen. Sie werden nicht durch ihn verursacht, sondern nur wachgerufen und aktiviert.

Ein Beispiel: Als mein Sohn im Volksschul-Alter war, hat er mich einmal auf offener Straße angespuckt – aus Wut darüber, dass ich ihm den bunten Plastikkram, den er sich in den Kopf gesetzt hatte, nicht gekauft habe.  Damals war ich außer mir. Ich war zutiefst betroffen, habe mich entwürdigt und geschmäht gefühlt.

Als ich jedoch meine Emotionen erforscht habe, wurde mir bewusst: Ich war in diesem Moment nicht die Mutter meines Kindes, die gelassen mit seiner Wut umgehen kann, statt sie auf sich selbst zu beziehen. Ich war in diesem Moment all jene Frauen, die jemals von Männern angespuckt, geschändet und ihrer Würde beraubt worden waren, über Jahrhunderte und Jahrtausende hinweg. Und ich habe IHREN Schmerz gefühlt, nicht meinen.  

Dieses Beispiel zeigt auch, wie der kollektive weibliche Schmerzkörper in unsere Beziehungen zu Männern hineinwirkt. Das Perfide dabei ist: Meistens ist uns das gar nicht bewusst. Wir reagieren auf unsere Partner, Söhne und Väter aus dem kollektiven Schmerzkörper heraus, und das wiederum aktiviert IHREN Schmerzkörper, und so entsteht auf beiden Seiten neuer Schmerz, der diesen Schmerzkörper nährt.

 

Was rettet uns aus dieser Schmerzspirale?

Bewusstheit.

Und genau deshalb sind jene Momente, in denen der kollektive Schmerzkörper von uns Besitz zu ergreifen droht, große Geschenke. Denn in diesen Momenten können wir Bewusstheit darüber erlangen – und Bewusstheit löst Schmerz auf, sowohl individuellen als auch kollektiven.

 

Wie wir mit kollektivem Schmerz umgehen können – und was ihn auflöst

 

# 1 Bleib präsent

Das ist das Einfachste und das Schwierigste. Kollektiver seelischer Schmerz kann so heftig sein, dass wir uns in Ablenkungs- oder Betäubungsstrategien flüchten (Essen, Arbeit, Drogen, Sex, …), um ihn nicht fühlen zu müssen.

Aber nur wenn wir ihn fühlen, kann er fließen, und nur wenn seine emotionale Energie fließen kann, kann er sich wandeln und auflösen.  Bewusstheit verwandelt alles in sich selbst – genauso wie Liebe.

Oft sind diese Emotionen aber zu stark, als dass wir bewusst bleiben können. Dann ist es eine Frage der Selbstliebe, uns zu regulieren und so weit zu beruhigen, dass wir uns ihnen wieder zuwenden und sie fühlen können, ohne von ihnen überwältigt zu werden.

Wie das funktioniert?

Zum Beispiel indem du deine Aufmerksamkeit auf einen beliebigen Gegenstand im Außen lenkst und ihn ganz akribisch beschreibst („Ich sehe einen schwarzen, quadratischen Wecker mit einem dunklen Ziffernblatt und zwei weißen Zeigern …“)

Oder indem du dich ganz auf deine Sinne fokussierst und wahrnimmst, was du gerade hörst, riechst, siehst, schmeckst, …

Oder indem du deine Atemzüge zählst. Oder indem du dich selbst in den Arm nimmst und dir tröstend zuflüsterst, dass alles gut ist, auch wenn im Moment rein gar nichts in Ordnung zu sein scheint…

 

# 2 Was ist JETZT?

Ergründe, wie viel diese Emotionen wirklich mit dir und deiner aktuellen Situation zu tun haben.

Ich zum Beispiel bin überhaupt nicht von Bildung ausgeschlossen, nur weil ich eine Frau bin. Ich studiere gerade zum dritten Mal, und habe außerdem jede Menge anderer Ausbildungen abgeschlossen. Natürlich hat mein Frau-Sein mir dennoch einige finanzielle Nachteile eingebracht, zum Beispiel, weil ich zuerst single mom, und später diejenige war, die sich um ihre kranken Eltern gekümmert hat.

Im Vergleich zu Frauen in China oder Indien oder Afrika bin ich jedoch auf die Butter-Bildungs-Seite des Lebens gefallen. Der Schmerz und die Wut, die ich gefühlt habe, stammte also aus dem kollektiven Weiblichen, und nicht aus meiner persönlichen Biografie – zumindest nicht ausschließlich.

 

# 3 Du bist nicht ohnmächtig, du bist mächtig

Der kollektive weibliche Schmerzkörper hat viel mit Ohnmacht zu tun. Oft aber ist es alte Ohnmacht, die in uns gespeichert ist, und im gegenwärtigen Moment sind wir viel, viel mächtiger, als es sich anfühlt!

Emotionen sind Energie, und Energie ist wandelbar. Nutze die Energie des seelischen Schmerzes für die Veränderung, die du dir in dieser Welt wünschst!

 

# 4 Wisse, für wen du durch diesen Schmerz gehst

Wir leben in besonderen Zeiten. Das Bewusstsein der Menschen – und allen voran von uns Frauen – weitet und klärt sich. Du hast heute die Chance, etwas aufzulösen, das die Menschheit seit ewigen Zeiten in Gefängnissen hält. Du bist Teil dieses Bewusstwerdungsprozesses, du bist Teil der Evolution, und du kannst dazu beitragen, dass sich nicht in der Zukunft fortsetzt, was die Menschheit in der Vergangenheit gequält und gefesselt hat.

Wenn dieser Schmerz unerträglich zu sein scheint, dann mag es dir helfen, dich daran zu erinnern, dass du nicht nur für dich selbst durch ihn hindurchgehst und -atmest, sondern auch für die vielen Frauengenerationen vor dir, und noch viel mehr für unsere Töchter und Söhne, Enkeltöchter und Enkelsöhne. Durch deinen Mut und deine Präsenz gestaltest du aktiv die Zukunft mit!

 

# 5 Nähre DICH, statt den Schmerz zu nähren

Um mit meinem Vater ins Krankenhaus fahren zu können, musste ich nicht nur meine Studierlust aufschieben, sondern auch ein Treffen mit zwei Frauen absagen, deren Freundschaft reine Seelennahrung für mich ist.

Es ist mir nicht leicht gefallen, ihnen ehrlich zu schreiben, wie es mir gerade ging – aber ich habe mich dazu durchgerungen. Die beiden haben daraufhin ein Märchen für mich geschrieben – eines, das mich getröstet und mir gezeigt hat, dass ich nicht alleine bin, dass sie meinen Schmerz kennen und verstehen, und dass meine Wut und meine Tränen einen tieferen Sinn haben.

Verbinde dich mit anderen bewussten Frauen. Setz dich mit ihnen in einen Kreis, lass deine Masken fallen, zeig dich in all deiner Verletzlichkeit – und du wirst das Wunder weiblicher Heilkraft erleben!

Hast auch du Erfahrungen mit dem kollektiven Schmerzkörper? Wie gehst du damit um? Schreib in die Kommentare und inspiriere andere durch deinen Erfahrungsschatz!

Big, wild love

Laya

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  • sooooo guuuut, liebe laya!

    gestern abend hab ich mit meinem partner darüber gesprochen, dass ich mich manchmal so gar nicht wohl fühle mit meinen reaktionen im alltag – sie sind oft überaus heftig, vehement und wild.

    es war mir klar, dass es sich hier um eine vermischung von anteilen aus meinem inneren und dem kollektiv handelt – und da flattert deine post mit genau dieser botschaft zu mir!

    deine how-to’s sind wunderbar! ja, es ist ein vorrecht, so etwas spüren zu können, und wie du schreibst geht es in erster linie um unsere BEWUSSTHEIT dabei und damit!

    wunderschöne, heilsame, inspirierende synchronizität – DANKE du liebe ❤️!

    • Liebste Laya, danke, danke, danke <3
      Du sprichst mir aus der Seele, aus dem Herzen, aus jeder Zelle meines Herzens. Manchmal trifft mich dieser Schmerz so hart, dass es mich so aus der Bahn wirft und ich diese tiefen, alten Wunden so gut spüren kann. Hinschauen, atmen, zulassen, das geht schon ganz gut. Loslassen und zurück finden noch nicht ganz so fließend. Deine Worte helfen mir sehr dabei, noch einmal DANKE.
      Deine Themen passen immer so wundervoll und tragen so sehr zu meinem Wohlbefinden bei. Danke dass ich deine Zeilen immer wieder lesen darf.
      Gesegnet seist du liebe Laya ✨

      • Wie verbunden wir sind …❤️ Danke, dass du meine Zeilen liest, Schwester ? Mögen wir alle gesegnet und behütet sein auf unserem Weg in die Freiheit!

    • Danke DIR, dass du diesen Weg so beherzt gehst, liebe Monika! Gemeinsam erwachen wir, Frauen und Männer, erwecken uns gegenseitig, rütteln uns wach (manchmal unsanft 😉 ) zu immer mehr Bewusstheit und Liebe ???

  • Oh ja, das kenne ich. Und ich habe mich so schlecht dabei gefühlt, wenn ich nicht gerne und willens bei meinen kranken Eltern sitze, ich habe mich meiner eigenen Wut und meines eigenen Schmerzes geschämt und alles versucht, ihn wegzurationalisieren. Oder zu verdrängen.
    Denn ich bin sicher: ich bin eine schlechte Tochter, wenn ich das nicht gerne tue, mich um meine alten oder kranken Eltern zu kümmern. Wenn ich dafür lieber lesen würde, lieber Klavierspielen, lieber Kurse besuchen, lieber schreiben, lieber mich mit Freundinnen treffen. Wenn mir MEIN Leben wichtiger wäre als für die Eltern da zu sein. Denn als gute Tochter darf ich das doch nicht. Gehört das auch zum kollektiven Schmerz? Dieses Verleugnen und Verdrängen meiner Selbst? Denn sonst wäre ich – egoistisch? So bin ich aufgewachsen, DAS ist mein Glaubenssatz: meine Interessen und Wünsche vor diejenigen der anderen zu stellen, wäre „böser“ Egoismus.
    Und im Inneren wütet gleichzeitig der Schmerz über mein nicht gelebtes eigenes Leben und das von vielen vielen Frauen.
    Der Schmerzkörper geht vielleicht noch tiefer als Bildung betreffend – es geht um das eigene Leben schlechthin.
    Wobei ich nicht sagen will, dass sich NIEMAND mehr um alte und kranke Eltern kümmern soll – um Gottes Willen.
    Ich habe jedoch verinnerlicht, dass es „automatisch“ die Aufgabe der Frauen, der Töchter ist, ich spüre die Erwartung (auch meine eigene!), dass ich mein Leben total selbstverständlich dafür aufgebe. Und ich stürze in tiefe Schuldgefühle, wenn ich es jetzt gerade, in dieser Situation, nicht will oder kann.

    Ich spüre, wie sehr mein Schmerzkörper damit in Resonanz geht.

    Es löst tiefen Schmerz aus, keine Entscheidungsmöglichkeit zu haben. Und ja, es ist kollektiver Schmerz – denn ich meinem Alltagsleben habe ich freilich viel mehr Entscheidungsmöglichkeiten als es die meisten Frauen weltweit haben.

    Danke!

    • Liebe Ulrika,
      danke für dein Vertrauen und für deine Offenheit! Danke fürs Teilen deiner Gefühle und deiner Geschichte!
      Du hast völlig Recht – Bildung ist nur EIN Aspekt – und ich erkenne mich in vielem, was du schreibst wieder. Seit vielen Jahren sorge ich für meine kranken / sterbenden Eltern. Oft mit Widerstand, und nicht so liebevoll, wie ich mir das wünschen würde. Und genau die Erwartungen – meine eigenen und die meiner Familie – sind es, die diesen Widerstand auslösen. Ich dringe manchmal gar nicht dazu durch, wie viel Verantwortung / Fürsorge ich übernehmen MÖCHTE, wie viel ANGEMESSEN ist, wie viel für mich STIMMT – weil diese Erwartungen alles überlagern, und genau das, was du beschreibst – das Gefühl, eine lieblose, egoistische Tochter zu sein, wenn ich nicht automatisch ALLES übernehme, was zu tun und zu organisieren ist. Und gleichzeitig ist da dieser kollektive Schmerz über so viel ungelebtes Frauen-Leben, über so viel nicht gelebte Freude, Kreativität, über so viele brachliegenden Talente, …

      Aber dann erinnere ich mich wieder an meine Entscheidungsfreiheit. Für jede Entscheidung trage ICH die Konsequenzen. Und ich will nicht selbst verkümmern (oder meine Gaben und Talente verkümmern lassen), weil ich mich ständig um andere kümmere …

      Von Herzen alles Liebe zu dir!
      Laya

  • ….oh, wow, ich bin tief berührt von Deinem Text und Euren Worten…..

    ..denn, ja, auch ich kenne diesen Schmerz… habe ihn von klein auf immer wieder durchfühlt…was sehr anstrengend und belastend ist….im Laufe meines Lebens habe ich dadurch gelernt, immer besser auf meinen Körper zu achten und in die Entspannung zu kommen….mein Nervensystem runterzufahren genau genommen….das hilft mir immer wieder. …auch zu erkennenen, welche zahlreichen Möglichkeiten der Unterstützung, Verbundenheit und Heilung wir aktuell haben….

    So verneige ich mich heute in tiefer Dankbarkeit vor Dir/ Euch, ich ehre Deinen/ Euren Weg, Mut, Dein/ Euer Comittment und Deine/ Eure Bewusstheit…..und ich ehre alle, die vor uns waren und unseren Weg bereitet haben…..namastè, danke danke danke

    Om shanti, danke, liebe Laya, für Deine Zauberworte und – texte, die so ein intensives Feld der Inspiration kreieren ♡
    Von Herzen,
    Dagmar

    • Danke, liebe Dagmar, danke für deine Worte und fürs Erinnern … ja, so viele vor uns haben den Weg bereitet, tapfer und mutig, und wir dürfen nun so vieles auflösen und neu gestalten, uns gegenseitig unterstützen, dürfen aus unseren Verstecken hervorkommen, uns aufrichten, aufeinander zugehen, miteinander gehen für ein würdevolles weibliches Leben ..
      Om Shanti
      Laya

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