Beim ersten Hauch von Gegenwind taucht es auf.
Bei der ersten Tür, die nicht mühelos von selbst aufschwingt.
Beim ersten winzigen Widerstand.
Würde ich für jedes „Soll wohl nicht sein“, das ich von Coaching-Klientinnen, Freund*innen & Co höre, einen Euro bekommen, könnte ich bald aufhören zu arbeiten.
Und es klingt ja auch so harmlos. Und so hingebungsvoll!
So als würden wir uns voller Bescheidenheit den Plänen unterordnen, die sich das Leben für uns ausgedacht hat, statt unsere eigenen Ziele zu verfolgen.
Manchmal müssen wir das auch.
Meistens aber benutzen wir Sätze wie „Soll wohl nicht sein“ als Ausreden dafür, nichts tun zu müssen, das mit Unbehagen, Risiko oder Anstrengung einhergeht.
Sprich: Nichts tun zu müssen, das uns wachsen und unseren Radius ausdehnen lässt.
Unser liebes Gehirn hat gute Gründe dafür, permanent solche Ausreden zu produzieren – denn in allererster Linie will es uns in Sicherheit wissen, vor unangenehmen Erfahrungen bewahren und Energie sparen. Dass wir längst in Sicherheit SIND, und dass die Zeiten, in denen wir täglich um unser nacktes Überleben kämpfen mussten, längst vorbei sind, hat es leider noch nicht so ganz in seine neuronalen Programme übersetzt.
Daher entstehen zwischen unseren Ohren ständig Sätze, die uns darin hindern, Dinge zu tun,
- <li „“=““>an denen wir scheitern könnten <li „“=““>für die wir uns anstrengen müssten <li „“=““>die mit Gefahr (zum Beispiel vor Zurückweisung) verbunden sind
Zum Glück aber gibt es neben dem Wunsch nach Sicherheit und Bequemlichkeit noch einen anderen kraftvollen Motor in uns: Neugier und Forscherdrang.
Und wenn wir erst mal gelernt haben, Ausreden als Ausreden zu erkennen und ihnen keinen Glauben mehr zu schenken, dann können genau die Wunder sich entfalten, die nur außerhalb der Komfortzone unserer Lieblings-Ausreden möglich sind.
Deshalb stelle ich dir heute ein paar der beliebtesten Ausreden vor – und ich verrate dir, wie du ihnen die Macht entziehst
Die 7 beliebtesten Ausreden – und wie du ihnen die Macht entziehst
# 1 „Soll wohl nicht sein“
Ja, manches soll wirklich nicht sein – aber ob das so ist, können wir erst wissen, nachdem wir es WIRKLICH versucht haben.
Wenn wir hingegen bei der ersten Job-Absage, beim ersten missglückten Beziehungs-Versuch, beim ersten Nein, beim ersten geplatzten Termin das Handtuch werfen und uns hinter einem schulterzuckenden „Soll wohl nicht sein“ verstecken, dann verstecken wir uns auch vor dem Leben.
„Soll wohl nicht sein“ klingt nach Hingabe, nach Loslassen.
Manchmal ist es aber auch einfach nur Halbherzigkeit.
Sei ganz ehrlich: Steckt hinter deinem „Soll wohl nicht sein“ nicht vielleicht doch die Angst davor, dich einer Sache aus ganzem Herzen zu verschreiben, ohne zu wissen, wie sie ausgehen wird?
Loslassen kannst du immer noch – NACHDEM du für etwas gekämpft hast, das für dich wirklich wichtig ist.
“Wer kämpft, kann verlieren, wer nicht kämpft, hat schon verloren.”~ Bertolt Brecht
{Ach, und falls du das Wort „kämpfen“ nicht magst, dann ersetz es doch einfach durch „sich für etwas einsetzen“.}
# 2 „Ich bin noch nicht so weit“
Diese Ausrede ist besonders trickreich – denn manchmal sind wir WIRKLICH innerlich noch nicht bereit für den nächsten Schritt. Manchmal braucht es TATSÄCHLICH noch „Inkubationszeit“, ehe eine Idee manifestiert werden mag. Uns dann zu pushen und auf Biegen und Brechen etwas erzwingen zu wollen, dessen Zeit noch nicht gekommen ist, kostet unnötig viel Energie.
Andererseits können wir auch herrlich weiterhin hinter unseren Möglichkeiten zurückbleiben, indem wir uns einreden, wir müssten noch tausend Bücher gelesen, hundert Ausbildungen absolviert, all unsere „Themen“ gelöst, sämtliche Therapieformen ausprobiert oder zumindest eine Leber-Darm-Reinigung gemacht haben, bevor wir loslegen können.
Statt dir einzureden, du wärst noch nicht so weit, frag dich doch mal:
- Was brauche ich wirklich, um bereit zu sein?
- Woran würde ich merken, dass ich bereit bin?
- Was würde ich als Nächstes tun, wenn ich bereit wäre – und kann ich genau das nicht auch schon jetzt tun?
Vielleicht bist du noch nicht bereit für einen großen Schritt. Für einen kleinen aber vermutlich schon. Auch winzige Schritte sind Fort-Schritte. Also los.
„Der richtige Zeitpunkt kommt nie.“~ Bernhard Steiner
# 3 „Dafür habe ich keine Zeit“
NATÜRLICH hast du dafür keine Zeit – weil du dir keine nimmst.
Denn womit du die 86.400 Sekunden, die dir jeden Tag geschenkt werden, verbringst, liegt zu einem großen Teil in deiner Hand.
Welche Prioritäten du setzt auch.
Und dafür Verantwortung zu übernehmen, ist ein kritischer Punkt.
Wenn du dich das nächste Mal sagen – oder denken – hörst „Dafür habe ich keine Zeit“, dann ersetze diesen Satz durch „Dafür nehme ich mir keine Zeit“.
Ganz ohne Vorwurf, ganz ohne Selbstkritik – aber auch ohne Opferhaltung und Gefühl von Fremdbestimmtheit.
„Liebst du das Leben? Dann vergeude keine Zeit, denn daraus besteht das Leben.“ ~ Johann Wolfgang von Goethe
# 4 „Ich weiß nicht, was ich will“
Wir leben in einer Zeit nahezu unbegrenzter Möglichkeiten – und erwiesenermaßen machen zu viele Optionen uns eher unglücklich als glücklich.
Im Hin- und Hergerissensein zu erstarren, Entscheidungen hinauszuschieben statt sie zu treffen und einfach mal mit ihnen weiterzugehen, ist einer unserer Lieblings-Tricks, um weiterhin sicher auf der Stelle zu treten zu können, statt in Richtung Ungewissheit voranzuschreiten.
Wir geben unseren Entscheidungen so viel Gewicht; wir haben so viel Angst davor, FALSCHE Entscheidungen zu treffen.
Aber nicht einmal im Nachhinein wissen wir, ob eine Entscheidung richtig war oder nicht. Und wenn wir davon ausgehen, dass unser Lebensglück ohnehin nur zu einem geringen Anteil von äußeren Umständen abhängt, können wir ebenso gut eine schnelle, beherzte Entscheidung treffen und zu ihr stehen – und uns gleichzeitig dazu entschließen, mit allem glücklich zu sein, wozu diese Entscheidung führen mag.
Erlaub deinem Gehirn nicht, in einem fort „Ich weiß nicht, was ich will“ zu denken. Vielleicht möchtest du es stattdessen mit dem folgenden Satz (oder einem ähnlichen, der für dich noch besser passt) probieren?
Ich weiß zwar noch nicht genau, was ich will, aber ich treffe eine Entscheidung und probiere es einfach mal aus.
Ein paar Dinge, die du sicher weißt, gibt es ja – und das ist völlig ausreichend.
Und ein Teil von dir weiß sehr wohl, was du willst …
Welcher?
Tipp: Dein Gehirn ist es nicht 🙂
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ERLAUB DEINEM GEHIRN NICHT, IN EINEM FORT „ICH WEISS NICHT, WAS ICH WILL“ ZU DENKEN.
TRIFF EINE ENTSCHEIDUNG, AUCH OHNE GENAU ZU WISSEN, WAS DU WILLST.
# 5 „Ich weiß nicht, wie das gehen soll“
Natürlich nicht – aber das ist kein Grund, es nicht zu TUN!
Bevor du schwimmen gelernt hast, Mutter wurdest und deine erste Excel-Tabelle formatiert hast, wusstest du auch nicht, wie das geht.
Dann hast du es ausprobiert, bist gescheitert, hast dazugelernt, bist wieder gescheitert, hast dazugelernt, … so lange, bis du wusstest, wie es geht.
Dieses Erfahrung-Sammeln und Dazu-Lernen ist der großartigste Teil der ganzen Sache. Das Scheitern ist vielleicht nicht ganz so großartig, gehört aber unbedingt dazu 😉
„Take chances, make mistakes. That’s how you grow. Pain nourishes your courage. You have to fail in order to practice being brave.“ ~ Mary Tyler Moore
„Geh Risiken ein, mach Fehler. So wächst du. Schmerz nährt deinen Mut. Du musst scheitern, um das Mutig-Sein zu üben.“ ~ Mary Tyler Moore
# 6 „Es muss einfach / leicht sein“
Ja, es darf Spaß machen.
Ja, es darf Vergnügen bereiten.
Ja, wir dürfen damit aufhören, uns das Leben extra schwer zu machen.
UND:
Nein, es muss nicht immer einfach sein, und auch nicht immer leicht.
„Wenn es nicht leicht geht, dann ist es nicht das Richtige“ – diese Ausrede höre ich oft. Und auch sie kommt ganz unschuldig daher. Denn NATÜRLICH wollen wir aus dem „Funktionier-Modus“ aussteigen, NATÜRLICH wollen wir uns nicht mehr ausbeuten (lassen), NATÜRLICH wollen wir uns nicht mehr länger unnötig abrackern und plagen.
Aber leicht war es noch nie, etwas Neues zu wagen – bestenfalls in der Phase, in der die Anfangs-Euphorie der Wind unter unseren Flügeln ist. Spätestens dann aber, wenn wir das erste Mal abstürzen oder erkennen, dass die Sache, im Detail betrachtet, doch ein wenig komplexer und aufwändiger ist, als wir zunächst dachten, brauchen wir etwas anderes als Euphorie und Begeisterung, um weiterzumachen.
Dann brauchen wir Beständigkeit, Durchhaltevermögen, Geduld und Vertrauen.
Und sicher niemanden, der uns einredet, es sollte doch ganz einfach und leicht sein.
„Wünsche dir nicht, dass es einfacher wird. Wünsche dir, dass du stärker wirst.“ ~ Jim Rohn
Übrigens: Dass es nicht leicht IST, bedeutet nicht, dass du es nicht leicht NEHMEN dürftest!
Die Leichtigkeit im Schweren zu finden ist eine große Kunst – aber eine erlernbare.
# 7 „Man kann im Leben nicht alles haben“
Noch so ein Schlawiner! Tut so, als wäre er schön vernünftig und bescheiden, dieser Satz, und strotzt vor scheinbarer Akzeptanz.
Aber eben nur scheinbar. Denn natürlich können wir im Leben nicht alles haben – aber das wollen wir auch gar nicht.
Ich zum Beispiel wollte nie vier Kinder oder einen Mercedes haben, einen Achttausender erklimmen oder die erfolgreichste Basketballspielerin der Welt werden. Null Emotion, null Wollen, null Sehnsucht hinter diesen Wünschen.
Aber es GIBT Dinge, nach denen ich mich sehne. Es GIBT Wünsche, die immer wieder bei mir anklopfen – und ich habe mich dazu entschieden, zu glauben, dass es einen guten Grund dafür gibt, dass mir genau DIESE (und nicht andere) Wünsche und Sehnsüchte ins Herz gepflanzt wurden.
Es ist auch völlig in Ordnung für mich, wenn nicht all meine Wünsche verwirklicht und alle Sehnsüchte erfüllt werden. Dennoch sind sie meine Leitsterne, diese Wünsche und Sehnsüchte – ich habe keine anderen gefunden, die so hell leuchten würden.
Man kann nicht alles haben, muss sich aber auch nicht mit allem abfinden. ~ Paul Mommertz
Ausreden kommen manchmal in sehr schicken Verkleidungen daher. Das macht es so schwierig, sie zu erkennen.
Aber ich bin fest entschlossen, hinter die Fassade zu blicken und mir von meinen Ausreden nichts mehr einreden zu lassen – beziehungsweise, frei nach Viktor Frankl: mir von mir selbst und von meinen uralten, aber längst nicht mehr hilfreichen Programmierungen nicht alles gefallen zu lassen.