Bist du bereit für eine vielversprechende Zukunft?

Knapp vor meinem 45. Geburtstag fühlt sich plötzlich alles schwer und mühsam an. Normalerweise blicke ich stets zuversichtlich in die Zukunft, freue mich auf die nächsten Schritte und auf die Überraschungen auf meinem Weg.

Aber jetzt fehlt der Schwung. Ich fühle mich belastet. Und wieder einmal spricht mein Körper eine deutliche Sprache: verspannter Nacken, hart und verkrampft der Schultergürtel, trotz Yoga, trotz Shiatsu, trotz ausreichend Schlaf und Bewegung.

Wo, frage ich mich, habe ich so viel Übergepäck aufgegabelt? Was trage ich Überflüssiges mit mir herum? Was macht meinen Rucksack so schwer und lässt die nächsten Schritte so mühsam erscheinen?

Und mir wird bewusst: Es ist nicht die Gegenwart. Es ist die Vergangenheit, die mich beschwert.

Ich beobachte mich zum Beispiel immer wieder dabei, wie ich erzähle, dass ich zehn Jahre lang single mom war. Als würde ich Anerkennung dafür bekommen wollen. Als wollte ich mich damit dafür rechtfertigen, dass ich manchmal müde bin, manchmal erschöpft, dafür, dass ich noch nicht so viele Bücher geschrieben habe, wie ich gerne geschrieben hätte, undsoweiterundsofort.

Ich beobachte, dass ich diese Geschichte fast zwanghaft wiederhole – und mich damit selbst festnagle. Denn ja, das war eine schwierige Zeit, die mich viel Kraft gekostet hat. Aber sie ist längst vorbei. Seit fast sechs Jahren habe ich einen wundervollen Mann an meiner Seite, der meinem Sohn zu einem liebevollen und präsenten Vater geworden ist. Längst bin ich nicht mehr allein und überfordert mit meinen elterlichen Aufgaben.

Ist es nicht an der Zeit, diese Geschichte auf sich beruhen zu lassen? Mehr im Jetzt zu leben? Und in die Zukunft zu blicken?

Mehr als die Vergangenheit interessiert mich die Zukunft, denn in ihr gedenke ich zu leben.~ Albert Einstein

So, wie wir unseren Körper immer wieder von Belastungen und Schlacken befreien sollten, so müssen wir auch unsere Psyche immer wieder entschlacken. Wir müssen unseren Seelengarten inspizieren und alles, was hier unerwünscht und wild wuchert, an der Wurzel ausreißen. Denn sonst raubt es dem, was wir wirklich wachsen lassen wollen, kostbares Licht und Nährstoffe.

Meistens fällt uns gar nicht auf, dass wir einen viel zu schweren Rucksack mit uns herumtragen. Wir sind sie gewöhnt, die Last auf unseren Schultern. Sie ist so sehr Teil von uns geworden, dass wir gar nicht auf die Idee kommen, den Rucksack auch mal abzustellen, seinen Inhalt sorgsam auszupacken und genau unter die Lupe zu nehmen.

Aber wenn wir unseren Weg in eine vielversprechende Zukunft beschwingt und leichten Schrittes gehen wollen, kommen wir nicht umhin, immer wieder innezuhalten und eine akribische Bestandsaufnahme zu machen: Was wollen wir zurücklassen? Und was weitertragen? Denn nicht alles ist unnötiger Ballast. Manches ist guter, nährender Proviant, manches gibt uns Sicherheit, ist notwendiges Rüstzeug.

Welchen unnötigen Ballast trägst du mit dir herum?

# 1 Alte Verletzungen, alter Groll

Alles, was in uns nicht geheilt ist; alles, was wir anderen oder uns selbst nicht verziehen haben; all das verbraucht Energie, die uns dann anderswo fehlt. Alles, was wir anderen oder uns selbst vorwerfen oder nachtragen, bindet uns an die Vergangenheit. An all dem tragen wir schwer.

Natürlich brauchen Wunden Zeit, um zu heilen. Aber nicht die Zeit an sich ist es, die Verletzungen heilt, sondern das Licht der Bewusstheit – und die bewusste Entscheidung, zu vergeben.

# 2 Alte Enttäuschungen

Ja, Menschen sind Menschen. Menschen enttäuschen uns. Manche haben wir zu nahe an uns herangelassen. Manchen haben wir zu schnell zu viel Vertrauen geschenkt. In manchen haben wir etwas gesehen, das mehr mit unseren Wünschen und Träumen zu tun hatte als mit diesen Menschen selbst. -Wir haben uns getäuscht und wurden ent-täuscht.

Einmal habe ich einen kleinen, mageren Hund gesehen, dessen Körper völlig zusammengezogen war. Er zitterte am ganzen Leib, der arme Kerl, und es war offensichtlich, dass er in seinem Leben schon viele Schläge einstecken hatte müssen. Der Anblick dieses Hundes machte mich betroffen. Vor allem, weil ich spürte, dass auch in mir ein solches zitterndes Wesen wohnt.

Nach dem Scheitern meiner ersten Ehe und dem Zerbrechen meiner Familie musste ich viele Hoffnungen und Träume begraben, und als bei der Gründung der yogalounge mit meiner Geschäftspartnerschaft auch eine tiefe Freundschaft zerbrach, entstand ein Riss in meiner Seele. Es dauerte lange, bis ich mein Misstrauen ablegen und mich wieder öffnen konnte. Auch nach Jahren einer vertrauensvollen und tiefen neuen Liebesbeziehung, auch nach Jahren einer stabilen und erfolgreichen neuen Geschäftspartnerschaft fühlte ich ein Wesen in mir, das aus Angst vor dem nächsten „Schlag“ zitterte.

Wenn wir alte Enttäuschungen nicht bewusst loslassen, hindern sie uns daran, uns neuen Menschen zu öffnen und neue Chancen zu ergreifen. Dann fällt es uns schwer, wieder Vertrauen zu fassen und daran zu glauben, dass unsere schmerzhaften Erfahrungen sich nicht wiederholen müssen.

Aber wir dürfen nicht übersehen, dass wir durch diese Erfahrungen gereift sind. Wir vertrauen nicht mehr blind. Wir prüfen, wir nehmen uns Zeit, andere wirklich kennenzulernen, wir sind aufmerksam und wach geworden – und dadurch viel besser vor Enttäuschungen geschützt als früher.

Lass dir von der Vergangenheit nicht das Leben diktieren – aber lass sie dir für die Zukunft ein guter Ratgeber sein.

~ Chinesische Weisheit

Wir können uns bewusst GEGEN die Bitterkeit entscheiden, GEGEN das Misstrauen, GEGEN ein Leben als zitternder, ängstlicher kleiner Hund, der seinen Zwinger am liebsten niemals mehr verlassen würde. Wir können uns FÜR ein Leben im Vertrauen entscheiden. Wieder und wieder.

# 3 Alte Misserfolge

Da war zum Beispiel die Sache mit dem Schlaf. Jahrelang fand ich einfach nicht zu einem gesunden Rhythmus, unternahm Anlauf um Anlauf, um eine Lösung zu finden – aber es gelang mir nicht. Ich war entmutigt, wollte beinahe aufgeben.

Doch irgendwann klappte es dann doch. Ich überprüfte mein Mindset, fand heraus, was mich daran hinderte, mir selbst genug Schlaf zu gönnen, experimentierte mit verschiedenen Happy habit-Tools, und hatte schließlich den Dreh raus.

Vielleicht hast du dir schon oft vorgenommen, regelmäßig Sport zu machen und bist immer wieder an diesem Vorsatz gescheitert. Vielleicht hast du schon viele Anläufe unternommen, um ein paar überflüssige Kilos dauerhaft loszuwerden, und es wollte einfach nicht klappen. Daraus schließt du, dass du es wohl niemals schaffen wirst. Und wirfst das Handtuch.

Aber dass etwas in der Vergangenheit nicht geklappt hat, heißt noch lange nicht, dass es in Zukunft nicht funktionieren kann! Vielleicht gibt es eine Blockade in dir, vielleicht fehlt dir das passende Umfeld, vielleicht hast du noch nicht die richtige Methode gefunden. Aber Blockaden kann man lösen, ein unterstützendes Umfeld kann man finden oder kreieren, und richtige Methoden kann man lernen.

„Ich bin nicht gescheitert. Ich kenne jetzt 1000 Wege, wie man keine Glühbirne baut“, soll Thomas Edison gesagt haben. Dann gelang ihm der Durchbruch, und die Welt erhellte sich …

Belaste dich nicht mit vergangenen Misserfolgen. Betrachte sie als notwendiges Training, als Vorbereitung für deinen Erfolg – und lass dich von dieser Vorstellung beflügeln!

# 4 Frühere Meilensteine

Oh ja, ich erinnere mich noch genau an jenen Tag, an dem ich in meine erste buddhistische Meditation eingeweiht wurde. Tränen liefen mir über die Wangen, und es war wie das Heimkehren in ein wunderschönes Zuhause, von dem ich gar nicht gewusst hatte, dass es existiert.

So etwas habe ich seither nie wieder gefühlt.

Und ich erinnere mich an jenen Moment, in dem ich in den Armen meines Liebsten lag und die Energie von meinem Herzen zu seinem strömen fühlte, an jenen Moment, in dem ich so viel Liebe in mir fühlte, dass meine Grenzen sich aufzulösen schienen und ich in einem Meer aus Liebe schwamm.

So intensiv habe ich das seither nie wieder empfunden.

Ich erinnere mich auch noch an das Gefühl absoluter Freiheit und Unbesiegbarkeit nach meinem Fallschirmsprung. Ich erinnere mich an das warme Kribbeln im Bauch, als ich bei meiner ersten Lesung auf der Bühne saß, und ich erinnere mich an das Triumphgefühl bei meinen ersten halbwegs geraden Kopfstand ?

Und manchmal wünsche ich mir, mich wieder genau so zu fühlen wie damals.

Aber an spirituellen Gipfelerlebnissen oder weltlichen Erfolgen und Meilensteinen festzuhalten, ist um nichts besser, als sich an materielle Dinge zu klammern, die ohnehin vergänglich sind. Meilensteine sind nicht dazu da, sie in den Rucksack zu packen, und auch nicht dazu, dass wir uns immer wieder nach ihnen umdrehen. Wir müssen sie hinter uns zurücklassen, müssen weitergehen. Neue Wege warten auf uns, und neue WeggefährtInnen. Neue Gipfel, vielleicht sogar höhere – aber wir werden es nie erfahren, wenn wir den Ballast vergangener Erfahrungen – und waren sie auch noch so schön – mit auf den Weg nehmen wollen.

Erinnern und daran erfreuen: Ja.

In den Rucksack packen, daran hängen oder sie nochmal erleben wollen: Nein.

# 5 Glaubenssätze

Wenn ich mich in einen offenen und meditativen Zustand versetze, kann ich schreibend mühelos mit meinem Unbewussten kommunizieren. Kürzlich habe ich diese Technik genutzt, um unbewusste Limitierungen ans Licht zu holen. Dazu habe ich – ohne den Kopf einzuschalten – zahlreiche Sätze aufs Papier fließen lassen, die mit „Ich werde nie“ oder „Ich werde niemals“ begannen. Und ich habe nicht schlecht gestaunt, was dabei an unbewussten, limitierenden Glaubenssätzen zum Vorschein kam – obwohl ich mich mit diesem Thema schon so lange beschäftige und schon so vieles gereinigt und losgelassen habe!

Auch limitierende Glaubenssätze machen unseren Rucksack schwer. Sie machen unsere Schritte mühsam und behäbig. Es ist, als hätten wir die Handbremse angezogen, ohne es zu merken. Obwohl wir genug Benzin im Tank haben und ordentlich auf Gaspedal steigen, fühlen wir uns gebremst und kommen nicht vorwärts.

Wir können nicht loslassen, was wir uns nicht bewusst gemacht haben.

Aber wir können auch nicht loslassen, was wir nicht ausreichend gewürdigt haben.

Die Dinge, die wir in unserem Rucksack finden, wollen nicht achtlos weggeschmissen werden. Sie wollen betrachtet, verstanden, und anerkannt werden. Dann erst können wir sie wirklich hinter uns lassen.

Diese eingehende Betrachtung ist nicht immer einfach. Manchmal tut sie weh.

Aber wir werden für unseren Mut belohnt: mit einer Riesenportion neuer Leichtigkeit. Und mit der Kraft, die wir brauchen, um beherzt den nächsten Schritt zu gehen.

Schließ für einen Moment die Augen. Stell dir vor, wie du einen schweren Rucksack von den Schultern nimmst. Öffne ihn, hol seinen Inhalt heraus, Stück für Stück.

Welche alten Verletzungen, Enttäuschungen und Misserfolge schleppst du mit dir herum?

Welche früheren Meilensteine, welche alten Glaubenssätze machen deinen Rucksack schwer?

Nimm ein Blatt Papier zur Hand und schreib alles auf.

Würdige diese Dinge nun als notwendige Stationen deines Lebens und deiner Entwicklung, vielleicht sogar als Lehrmeister.

Finde dann ein Ritual, mit dem du diese Dinge loslässt. Gertraud Hirschi schlägt in ihren Mudra-Karten  vor, das Blatt zu verbrennen, die Asche mit Wasser zu übergießen und dieses dann der Erde zu übergeben. Vielleicht möchtest du dieses Ritual übernehmen – oder ein eigenes, persönliches Ritual für dich finden.

Schultere nun deinen Rucksack wieder.

Spür, um wie viel er leichter geworden ist.

Schau nach vorne – siehst du den Weg vor dir?

Spürst du die Kraft, die Lust, die Vorfreude darauf, ihn zu gehen?

Ja? Dann bist du bereit für eine vielversprechende Zukunft.

Ein weiser Mensch lässt die Vergangenheit jeden Augenblick los und geht wie neugeboren in die Zukunft.

Für ihn ist die Gegenwart eine ständige Transformation, eine Wiedergeburt, eine Auferstehung.

~ Osho

Foto: ©ARSHINOV ANDREY – Fotolia.com

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