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Was ich von allen Dächern rufen will 

 Mai 7, 2023

Die Sonne erhebt sich in strahlendem Gold über das Mittelmeer, steigt in den Himmel über den magischen Inseln des Maddalena Archipels. 


Frühmorgens stehe ich auf dem Rooftop unserer Villa auf Sardinien und es ist ganz still. 


Nur EIN Satz. 


Drei kleine Worte, die in meinem Herzen vibrieren, schon seit wir vor einer Woche hier angekommen sind. 


Drei Worte, die ich kaum hörbar ins Universum flüstern und gleichzeitig laut von allen Dächern rufen möchte:


Es IST möglich.


***


Heute vor 50 Jahren bin ich auf die Welt gekommen. 


Die Zeichen dafür, ein Leben wie dieses zu erfahren, standen alles andere als gut. 


Schwer traumatisierte Eltern, eine Kindheit, die von viel Sicherheit, aber auch von tief in der DNA gespeicherter Angst, Enge und Lähmung geprägt war, und von einer Moral, die den Mangel in den Himmel hob und die Fülle verachtete.


Eine Kindheit, in der ich das Rollenbild der dienenden, unsichtbaren und abhängigen Frau, die für das emotionale Wohl aller verantwortlich ist, mit der Muttermilch aufsog. Eine Kindheit, in der die große weite Welt nicht lustvolle Abenteuer versprach, sondern voller Bedrohungen und Gefahren zu stecken schien. 


Ja, die Vorzeichen standen schlecht für ein Leben in Fülle und Freiheit, ein Leben mit einem kaum vorstellbaren Reichtum an beglückenden Beziehungen,  einer zutiefst erfüllenden Arbeit, einem erfolgreichen Business, vor allem aber: für ein Leben ohne Scham, ein Leben ohne Schuld, ein Leben ohne innere Gefängnisse - für das Leben einer befreiten Frau. 


Die Vergangenheit hinter sich lassen


In diesen Tagen, die ich mit meinem Liebsten, meinem Travel Buddy Benjamin, meiner Sista Barbara und ihrem Mann in Porto Rafael verbringe, spüre ich, dass ich all das Enge und Limitierende hinter mir gelassen und ein Leben kreiert habe, das nicht von meiner Vergangenheit determiniert ist, sondern von meinen tiefsten Sehnsüchten, von meinem inneren Ruf, von meiner großen Vision. 


Ein Leben, in dem sich mein wahres Wesen widerspiegelt, und nicht meine Konditionierungen und Programmierungen, nicht meine Ängste,  nicht die  Gitterstäbe in meinem Kopf. 


Damit meine ich bei Weitem nicht nur, dass ich mit meinen 50 Jahren körperlich und geistig fitter bin als je zuvor; dass ich Beziehungen auf eine Art und Weise kultiviere und zelebriere, die für die meisten Menschen kaum vorstellbar wäre; dass ich in einer materiellen Fülle lebe, von der ich früher nicht einmal zu träumen gewagt hätte. 


Vor allem meine ich: ohne Scham leben zu können, das Glück zu wählen statt das Drama, in jedem Moment bewusst zu entscheiden, wer ich sein will, und welche Gedanken-Samen ich pflanze, um Früchte der Freude und Freiheit ernten zu können. 


Dazu möchte ich dir eine Geschichte erzählen. Eine Geschichte, die ich früher niemals öffentlich gemacht hätte - viel  zu groß waren die Scham und das Minderwertigkeitsgefühl. 


Spaß statt Drama: Die Katamaran-Planke


Schockstarre.


Unter mir das Wasser. Nur nicht fallen.


Festkrallen, um jeden Preis.


Die Füße noch am Pier, die Hüften schmerzhaft aufgeschlagen am Trittbrett des Katamarans, dazwischen mein Körper, frei hängend in der Horizontalen, zwischen Boot und Steg.


Für eine Sekunde, die eine halbe Ewigkeit zu dauern scheint, halten alle die Luft an. Niemand reagiert, niemand hilft mir, niemand kann glauben, was gerade passiert ist. 


"Are you okay?"


Endlich findet  Giorgio, unser 21-jähriger Katamaran-Skipper, seine Stimme wieder.  


"Nooooo!", ächze ich. 


Ich bekomme kaum Luft, kann nicht vorwärts, aber auch nicht rückwärts.


Endlich kommen die anderen in Bewegung. Giorgio und sein Kollege Antonio hieven mich ins Boot, und alle ringen sich besorgt um mich. 


"Geht's? Hast du dir weh getan?"


Die Scham kriecht hoch, langsam und blitzartig zugleich.


Mein Solarplexus krampft sich zusammen, die Hitze flammt hoch in meine Wangen.


Doch dann muss ich lachen. Lauthals, atemlos, ungläubig, fasziniert. 


Oh Leben.


Was für ein Geschenk, an meinem fünfzigsten Geburtstag. 


Was war geschehen? 


Heimlich hatte ich eine Tour zum Maddalena Archipel gebucht, als Überraschung, für uns alle. Türkis glitzerndes Wasser, einsame Buchten, prickelnde Drinks und sardische Cuisine, exklusiv nur für uns fünf, den ganzen Tag auf einem Katamaran. 


Für dich mag es seltsam klingen, aber für mich ist so etwas ein großer Stretch, ein Schritt weit heraus aus meiner Komfortzone. 


Meine Eltern haben mir nie Schwimmen beigebracht, weil sie es selbst nicht konnten. Als ich es dann endlich, mit elf Jahren im Gymnasium, lernte, war das mit tiefen Schamwunden verbunden.


Schon im Kindergarten hatten Ärzt*innen  eine motorische Entwicklungsstörung bei mir diagnostiziert, und so war ich  immer die Langsamste, immer die Tollpatschigste, immer diejenige, die als Letzte in die Mannschaft gewählt wurde; ich war diejenige, die nie vom Brett sprang, sondern ängstlich vom Beckenrand ins Wasser rutschte,  und die sich einfach nicht überwinden konnte, den Kopf unter Wasser zu bringen. 

(Heute weiß ich, dass diese "Entwicklungsstörung" eine Art Lähmung war, ein chronischer "Freeze"-Zustand - eine Folge jener Traumata, die ich von meiner Mutter und meinem Vater geerbt hatte.)


Mittlerweile kann ich schwimmen, bin sogar ein Bewegungs-Freak geworden -  aber das Element Wasser ist mir nach wie vor fremd und unheimlich. Auf Booten wird mir fast immer übel. Alles, was Sport und körperliche Geschicklichkeit betrifft, hat das Potenzial, die Schamwunden meiner Kindheit zu aktivieren und mich in den emotionalen Zustand einer zutiefst erniedrigten 7-Jährigen zu versetzen. 


All das fühle ich in mir hochkriechen, an diesem strahlenden Donnerstagmorgen, an diesem 4. Mai, fünfzig Jahre nach meiner Geburt. 


Ich hatte mich entschieden, mein knallbuntes Blumenkleid aus San Francisco zu tragen, Katamaran-Tour hin oder her. Immerhin war es MEIN großer Tag! 


Das Kleid ist nicht eng, aber auch nicht weit, und sein Saum endet auf Höhe meiner Schienbeine. Beim großen Schritt vom Steg auf den Katamaran sperrt das Kleid meine Beine, lässt mich nicht weiter ausholen, meinen Schritt nicht beenden. Und so falle ich. Klatsche hart mit meinem Hüftknochen am Trittbrett des Katamarans auf, kann mich gerade noch mit den Händen festkrallen, während mein linker Fuß am Steg Halt zu finden versucht. 


Ja, die Scham schießt in mir hoch in diesem skurrilen Moment.


Und ich sage NEIN zu ihr. 


STOPP. 


Nicht mit mir.


Nicht mehr. 


Ich bin nicht mehr für dich erreichbar, Scham.


Ich schwinge längst auf einer anderen Frequenz. 


Dieser Augenblick, der mir früher den ganzen Tag, womöglich die gesamte Feierwoche vergällt hätte, wird zu einem Moment der Heiterkeit und des schallenden Gelächters, wird zu einer herrlichen Erinnerung, einer Geschichte, die ich immer wieder mit Genuss und mit Schalk in den Augen erzählen werde. 


Alle lachen, und es ist nicht schmerzhaft, sondern heilsam.


Niemand lacht mich AUS. Alle hier lieben mich. Nicht, weil ich perfekt oder supersportlich bin, sondern weil ich ICH bin - mit all meiner Brillanz UND mit all meiner Unvollkommenheit, mit meinen Schwächen und meiner Tollpatschigkeit. 


Wir verleihen der neuen Yoga-Pose, die ich unfreiwillig erfunden habe, den Namen "Katamaran-Planke", und müssen jeden Tag herzhaft über diesen fast unwirklichen Cartoon-Moment lachen. 


Eine heilsame Erfahrung.


Eine Erinnerung, die den alten Schmerz überschreibt und in Freude und Leichtigkeit verwandelt. 


Das größte Geschenk


Ich habe viele liebevolle Geschenke zum Geburtstag bekommen. Ein neues Fahrrad, einen riesigen roten Sonnenhut, dazu passende Ohrringe, ein neues Glitzer-Journal, und vieles mehr. 


Aber dieses Geschenk war das größte von allen. 


Zu erleben, dass es WIRKLICH möglich ist. Dass Heilung geschieht. Dass ich mich IMMER entscheiden kann - gegen das Drama und für das Glück. Dass die Vergangenheit absolut KEINE Macht mehr über mich hat. Dass ich nicht mehr erreichbar bin für niedrige "Schwingungen" wie Scham, Schuld, Mangel und Minderwertigkeitsgefühl.  


Und das ist es, was meine Seele mir schon die ganze Woche über zuflüstert, hier auf Sardinien, und was ich von allen Dächern rufen will, hinaus in die Welt, hinein in die Herzen aller Frauen, die noch gefangen sind in einem viel zu kleinen Leben: 


ES IST MÖGLICH.


Wir KÖNNEN uns über unsere alten Wunden, Programmierungen und Traumata erheben. Wir KÖNNEN über uns und unsere alten Dramen hinauswachsen. 


Hinein in die Freiheit. 


Hinein in die Freude. 


Hinein in die Fülle. 


Es ist möglich. 


Die Seele will es so. 


Sie will wachsen und erfahren, sie will expandieren und alle Limitierungen des Geistes sprengen, sie will den Himmel auf die Erde holen.


Sie will zurück ins Paradies. 


(Meine Sista Barbara hat übrigens diese Woche in ihrem Blog genau darüber geschrieben: Wo ist das Paradies geblieben? 


Früher,  in meiner Zeit als einsame Wölfin, habe ich das anderes gesehen, aber heute bin ich überzeugt davon, dass wir das Paradies nur GEMEINSAM wiederfinden können -  in tiefer Verbundenheit zueinander.


Sisterhood im allerbesten Sinn des Wortes ist für mich einer jener Schlüssel, die das Tor zum Paradies zu öffnen vermögen.)

  • Liebe Laya,
    eine berührende Geschichte, eine Beschreibung einer Kindheit, die ich besser für meine eigene nicht schreiben hätte können. Sogar die Passage mit dem Nicht-Schwimmen- Lernen könnte man so stehen lassen. Toll, dass du dich von diesen engen Kindheitsgrenzen befreien konntest. Ich arbeite noch daran.
    Die Scham kommt seltener, aber bei Zeiten meldet sie sich hartnäckig zurück.
    Danke für dieses hoffnungsfrohe Goldstück!
    Liebe Grüße, Ingrid

  • …..ich weine…..denn…..JA….ES IST MÖGLICH…..schööööööön…..ein Geburtstag auf vielen Ebenen…..wow….Danke fürs Mitschwingen dürfen, liebe Laya ¬ auch Deinen liebsten Menschen…..und noch eine wunderwundervolle Zeit dort ……und immer……..in Freiheit & Verbundenheit…..

    Alles Liebe,
    Dagmar

  • So großartig und wundervoll der „freudsche“ Verschreiber, der mir Anlass zum spielen mit dem Datum gibt.
    Vor 50 Tagen war der 77 Tag des Jahres, der 84. Geburtstag meiner Mutter.
    Wir verbrachten eine wundervolle Woche zusammen, nicht ohne einige Dissonanzen, trotz deines Mutterwundenworkshops.
    Mittlerweile ist alles wieder gut – besser denn je.

    Ich kann den Raum halten.

    Jeden Raum!

    Aus allem schöpfen und mein Paradies genießen – diesen Tag aufs Neue –
    Vollkommenheit – Schönheit – Perfektion!

    Erde, Menschen, happy Moments ♥️?

    Alle „Mud“ Momente, seien es eigene oder von anderen projizierte, haben mich dahin gebracht wo ich mich heute befinde und bin! ???

    Danke ? für diese wundervolle Geschichte und wie durch „Unfälle“ Heilerfahrungen entstehen!

    Happy Birthday ????? – every day und magische Momente der Möglichkeiten –

    May the 4th be with you!

    -das wollte ich schon immer mal jemandem schreiben!

    Hab´ es fein, wo immer du dich aufhalten magst!

    Herzliche Grüße von GabriELe ? ? ?

    aus GArmisch-PArtenkirchen – GAbriELes PAradies ?️ ?️ ?

  • Liebe Laya!

    Auf diesem Weg die allerherzlichsten Glückwünsche nach Sardinien.

    Das nenne ich mal eine Story, die das neue Jahrzehnt ja schon mal spannend und erkenntnisreich beginnen lässt.

    Total berührt von deiner Ehrlichkeit und deiner Gabe, einen Krimi daraus gemacht zu haben, der spannender nicht sein könnte, herze ich dich in totaler Verbundenheit über die Fülle ab 50❣️

    VonHerzen
    Doris ?

  • Oh, my Dear! Jetzt weiß ich’s! Ich hatte etwas ins Wasser plumpsen gehört – trotz Schockstarre. Ich konnte nichts sehen und all deine/unsere Sachen waren noch da. Es war die Scham, die untergegangen ist, im tiefblauen sardischen Meer. Die Scham, die in abertausend weiblichen Körpern eingenistet gewesen war.
    Bah-hey!!!
    Neptun, nimm dir diesen Brocken!
    Die Katamaran-Blanke wird in die Geschichte eingehen! Von nun an segeln Frauen über die Weltmeere der Freiheit!

  • Widerstehe der Scham. Erhebe dich – danke, danke, dass du das mit uns teilst Sista. Ich finde mich in so vielem wieder und machte zufällig ;-)? in diesen Tagen eine ähnliche Erfahrung mit bekannter Tolpatschigkeit und eine gewissen Unbeweglichkeit, die mich – trotz Yogalehrerin – eben auch ausmacht. Es ist vollkommen ok, wir sind vollkommen ok und wunderbar, genauso wie wir sind. Walk in beauty – dance with grace.

  • Liebste Laya,

    oh von Herzen DANKE für dein tiefes Teilen…
    das mir das Herz wärmt, mich weinen und gleichzeitig laut lachen lässt, weil es sooooo viele Ebenen auch in mir berührt.

    Am Ende deiner Geschichte bleibt mir ein Lächeln im Gesicht, meine Körperin atmet, ich spüre mich ausgedehnt. Mein Nervensystem ist von deiner Geschichte lebendig berührt, es atmet auf.
    DANKE fürs immer wieder Vorleben. Ja, es IST möglich!

    Alles Liebe,
    Marí

  • Liebe Laya, es ist immer wieder wundervoll, berührend, ermutigend, erhebend und einfach eine wahre Freude, deine Texte zu lesen. Alles Liebe, Margit

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