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Scham: Das stille Gift für deine Beziehungen

„Wo, bitte, ist der Haken?“

Diese Frage habe ich mir permanent gestellt, nachdem ich meinen zweiten Mann kennengelernt hatte.

Auch, als wir bereits mehrere Monate zusammen waren, war diese Frage immer noch da. 

Es fühlte sich nach „Zu gut, um wahr zu sein“ an. 

Und ich musste HÖLLISCH aufpassen, um nicht in alte Selbstsabotage-Muster zu fallen oder ein Upper Limit Problem zu kreieren. 

Heute weiß ich, woher dieses  „Zu gut, um wahr zu sein“-Gefühl stammte. Und warum diese Beziehung so viele Ängste in mir hervorrief, obwohl sie doch die Erfüllung meines ewigen Traumes bedeutete: 

Einen Partner zu haben, der genauso viel REDEN wollte wie ich. UND kuscheln. UND tanzen!

Der genauso ernsthaft an Selbstreflexion, gemeinsamer Entwicklung und persönlichem Wachstum interessiert war wie ich. 

Der nicht vor emotionaler Nähe davonlief, und auch dann noch blieb, als ich mich ihm mit meinen tiefsten Wunden und größten Unsicherheiten zeigte.

Einen Partner, der stabil, zutiefst integer und zuverlässig war und zu 100 Prozent zu mir und meinem Kind stand. 

Und der noch dazu sooo gut roch und einen sexy Körper hatte 😉 

Unser System will das Gewohnte, nicht das Gute

Woher also das Unbehagen, die Angst, der Zweifel? Ganz einfach: Mein SYSTEM war eine solche Beziehungsqualität nicht GEWOHNT. 

Und unser SYSTEM wird das GEWOHNTE dem GUTEN immer vorziehen – es sei denn, wir programmieren dieses System aktiv um. 

Mit SYSTEM meine ich die Psyche, das Nervensystem, das Gehirn.

Stell dir vor, deine Eltern waren oft emotional abwesend, auch wenn sie körperlich anwesend waren. Vielleicht hatten sie Geldsorgen. Oder hatten mit Geschwisterkindern jede Menge zu tun. Oder waren von Traumata belastet. 

Dann ist dein System DAS gewöhnt – emotionale Unerreichbarkeit. 

Und so schmerzhaft diese emotionale „Wand“ auch ist, so vertraut fühlt sie sich auch an. 

Dann kann es sein, dass du von Vornherein Partner wählst, die (nach der ersten Verliebtheitsphase) ebenfalls unerreichbar sind. 

Oder du wählst jemanden, der durchaus zu emotionaler Präsenz und Nähe fähig wäre – hältst es dann aber nicht aus, stößt diesen Menschen weg oder beginnst zu klammern. 

(Eine Spiel-Art dieses Musters ist übrigens, sich ständig emotional bedürftige Beziehungspartner zu suchen, weil auch die Eltern emotional bedürftig waren.) 

Oder stell dir vor, deine Eltern waren unzuverlässig. Sie waren nicht wirklich für dich da, standen nicht zu dir, zeigten wenig Interesse, ließen dich in manchen Aspekten in Stich, boten dir nicht den sicheren Hafen, den jedes Kind braucht, um sich geborgen zu fühlen und sich zu entfalten.Dann ist dein System DAS gewöhnt – Unsicherheit. 

Vielleicht suchst du dir einen unzuverlässigen Partner nach dem anderen. Und wenn du mal mit jemand Verlässlichem zusammen bist, hältst du es nicht aus, fühlst dich eingeengt oder gelangweilt, und trennst dich, weil dir der „Kick“ der Unsicherheit fehlt. 

Oder stell dir vor, deine Eltern waren immer ängstlich, haben dich überbehütet, dir nichts zugemutet, und auch nicht zugetraut, an den Herausforderungen des Lebens  zu wachsen. So etwas wie „Abenteuer“ gab es kaum. Deine Welt war sicher, aber klein und eng. 

Dann ist dein System DAS gewöhnt – fehlende Autonomie. 

Vielleicht suchst du dir Beziehungspartner, die dich einengen, kontrollieren und dir die Luft zum Atmen und freien Entfalten nehmen. Die es schwer aushalten, wenn du auch ein eigenes Leben hast, dich entwickelst und veränderst.

Oder du findest einen Partner, der dir Freiheit und Autonomie gibt – und hältst es nicht aus. Du argwöhnst, dass er dich nicht ausreichend liebt, dass du ihm gleichgültig bist, lässt deine Leben um ihn und sein Verhalten dir gegenüber kreisen – und kreierst selbst jene Enge, die dir so sehr vertraut ist. 

Ja, es ist absurd – unser SYSTEM schreit nach genau dem, was es gewohnt ist, obwohl dieses Gewohnte uns schadet, beschränkt und seelische Schmerzen zufügt.

Es ist absurd.

Unser SYSTEM schreit nach genau dem, was es gewohnt ist, obwohl dieses Gewohnte uns schadet, beschränkt und seelische Schmerzen zufügt.

Deine Beziehungs-Blaupause

 

Egal, welche „Färbung“ DEINE persönliche Prägung hat: DEIN System hat einen bestimmten „Imprint“.

So etwas wie eine Beziehungs-Blaupause. Sie ist in dein Gehirn, dein Nervensystem „tätowiert“.

Sie ist ganz tief einprogrammiert. 

Diese unbewussten Prägungen sind der Grund dafür, dass wir oft in Beziehungen verharren, die uns nicht gut tun.

Oder Partner abstoßen und ablehnen, die uns gut tun WÜRDEN.

Oder Beziehungen, die das Potenzial haben, uns glücklich zu machen, sabotieren.

Vielleicht kennst auch du super intelligente, attraktive und erfolgreiche Frauen, die in Beziehungen bleiben, die so offensichtlich toxisch sind, dass man sich die Haare raufen möchte. Dann fragen wir uns: „Wie kann sie nur? Sieht sie nicht, dass sie etwas Besseres verdient hat? Ist ihr nicht klar, dass es hunderte wundervolle, reife, bewusste Männer gibt, die alles geben würden, um mit ihr zusammen zu sein? Und sie bleibt bei DIESEM TYPEN!“

Vielleicht bist du selbst eine dieser Frauen. 

Oder du forderst in deiner Beziehung nicht ein, was dir zusteht. 

Du verkümmerst emotional, du verhungerst seelisch, bist zutiefst einsam oder verletzt. 

Oder erkennst gar nicht, wie sehr dein Partner dich liebt, stößt ihn weg und verhinderst dein eigenes Beziehungsglück. 

Die Scham, die allem zugrunde liegt

Toxische Scham hat viele Gesichter – aber sie hat nur EINE Ursache:

Deine Bedürfnisse als Kind wurden nicht gesehen und erfüllt. Und da du von jenen Menschen, die dir diese Bedürfnisse erfüllen hätten sollen, abhängig warst, MUSSTEST du in Beziehung mit ihnen bleiben. Und du musstest eine Strategie finden, um diese innere Spannung erträglich zu machen. 

Diese Strategie ist ausnahmslos dieselbe – wir entwickeln die tiefe Überzeugung, dass mit UNS etwas nicht stimmt. 

Dass mit unseren Bedürfnissen etwas nicht stimmt. 

Und dass wir zutiefst wertlos sind.

„Menschen stagnieren in einer Spirale aus Scham und Schuld, anstatt ihre frühen Bezugspersonen als das zu sehen, was sie waren: unperfekt.“

Ruth Buczynski

Das ist nicht nur unendlich schmerzhaft, sondern auch mit einem grundlegenden Scham-Gefühl verbunden.

Dem Gefühl, nicht zu zählen. Keinen Platz auf dieser Welt zu verdienen. Es nicht wert zu sein, geliebt und mit allem versorgt zu sein, was ein Menschenwesen braucht, um in seiner Einzigartigkeit aufzublühen. 

Den meisten Menschen ist diese grundlegende Scham nicht bewusst. Dennoch führt sie dazu, dass sie sich in ihren Beziehungen nie wirklich zeigen. Dazu, dass gar keine tiefe Intimität und Nähe möglich ist, weil sie das viel zu verletzlich machen würde. Dazu, dass sich die Wunden der Kindheit wiederholen, wiederholen und wiederholen, und sich dadurch immer tiefer in unsere Seele graben. 

Die alten Blaupausen entfernen

Solange unsere grundlegenden Scham-Themen nicht erlöst sind, werden sie immer Gift für unsere Beziehungen sein – und jenes tiefe, lebendige, zutiefst erfüllende Beziehungsglück verhindern, das das Leben erst wirklich lebenswert macht. 

Was also tun, wenn unser SYSTEM etwas anderes will als das, was unser Herz sich sehnlichst wünscht?

Wenn es nach dem verlangt, was es GEWOHNT ist, statt das anzuziehen, was uns zutiefst beglücken und erfüllen würde? 

Wir müssen behutsam und geduldig die alten Blaupausen aus unserem System lösen und durch neue ersetzen. 

Das ist nur möglich, wenn wir unsere Scham erkennen, sie liebevoll anblicken und transformieren. Das erfordert viel Mut und Mitgefühl.

Und es braucht andere Menschen. Menschen, mit denen andere – neue – Beziehungserfahrungen möglich sind. Menschen, denen wir uns so zeigen können, wie wir wirklich sind. Menschen, in deren Präsenz wir unsere Bewältigungsstrategien fallen lassen können und unsere Verletzlichkeit in sicheren und liebevollen Händen wissen. 

Scham ist auch ein kollektives Thema, vor allem für uns Frauen. Immerhin haben wir explizit oder unterschwellig ein ganzes Leben lang vermittelt bekommen, dass wir als Menschen weniger wert sind, dass unsere Arbeit und unsere Zeit weniger wert sind, und dass wir weniger Autonomie verdient haben als die andere Hälfte der Menschheit.

Jedes Fitzelchen Scham, das wir in uns selbst erlösen, erlöst ein großes Stück dieser kollektiven Scham. So tragen wir über viele Generationen hinweg zu Freiheit und wahrhaftiger Erfüllung bei. 

Vor allem aber: In unseren Beziehungen werden sich ganz von selbst völlig neue Standards zeigen. 

„Zu gut, um wahr zu sein“ wird zum neuen Mindest-Standard. 

Sowohl in Liebesbeziehungen als auch in Freundschaften, beruflichen und losen sozialen Beziehungen.

Ein völlig anderes Leben wartet jenseits der Scham. 

Der Mut, ihr zu begegnen, wird tausendfach belohnt.

Buchtipps und Ressourcen:

  • Achtsames Selbstmitgefühl – der Weg zu einem Leben ohne Scham
  • Warum du stolz sein musst, um deine Scham zu überwinden
  • Leidest du an Imposter-Syndrom?
  • BR Podcast: Scham – ein sozialer Basisaffekt
  • John Bradshaw: Healing the Shame that Binds You
  • Curt Thompson: The Soul of Shame. Retelling the Stories we Believe about Ourselves
  • Laurence Heller / Angelika Doernike: Befreiung von Scham und Schuld: Alte Überlebensstrategien auflösen und Lebenskraft gewinnen. Das Neuroaffektive Beziehungsmodell – NARM™
  • David Bedrick: You Can’t Judge a Body by Its Cover: 17 Women’s Stories of Hunger, Body Shame, and Redemption
  • Gershen Kaufman: The Psychology of Shame. Theory and Treatment of Shame-Based Syndroms
  • Gershen Kaufmann: The Meaning of Shame. Toward a Self-Affirming Identity
  • https://www.psychologytoday.com/us/blog/overcoming-destructive-anger/201704/overcoming-the-paralysis-toxic-shame
  • https://www.quarks.de/gesellschaft/psychologie/darum-schaemen-wir-uns/
  • https://www.nicabm.com/program/shame-trauma/
  • Annie Ernaux: Die Scham
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