Sie sprüht nur so.
Ihre Augen leuchten.
So lebendig, so wach, so echt, so voller Ideen, so voll von spürbarem Potenzial, das endlich, endlich, endlich durch die Ritzen ihrer alten Schutzpanzer herauswachsen will, das den harten Beton durchbrechen will wie zarte grüne Triebe den Asphalt.
Doch dann:
Deckel drauf.
Die Funken verglühen zu kalter Asche.
Die Wachheit weicht der Lähmung.
„Aber ich habe solche Angst zu scheitern!“, sagt sie, meine junge Klientin.
Die Schultern sinken, der Rücken rundet sich, sie schrumpft.
Resignation statt Begeisterung.
Rückzug statt Expansion.
„Failing ahead of time“, nennt meine Mentorin das.
Im Vorhinein scheitern.
Scheitern, bevor wir es überhaupt versucht haben.
Es gibt wenig, was mich so traurig macht.
Zwei Arten von Scheitern
Es gibt zwei Arten von Scheitern.
Weh tun beide.
Der eine Schmerz ist dumpf, lang und lähmend. Es ist der Schmerz des Nicht-vollständig-lebendig-Seins, des ungelebten Lebens. Des Aufgebens, bevor wir überhaupt losgegangen sind. Des beklemmenden Wissens, dass die ehrliche Antwort auf die Frage „Wer will ich am Ende meines Lebens gewesen sein?“ lauten wird: „Eine andere als die, die ich jetzt bin.“
Der andere Schmerz ist scharf, kurz und lehrreich. Er ist der Preis für Lebendigkeit und Wachstum. Und in Wirklichkeit ist er nichts anderes als ein liebevoller Hinweis: „Schau mal, Schätzchen, hier geht’s lang, nicht dort! Probier doch mal das aus. Oder das. So lange, bis du den Dreh raus hast!“
Nur unser Ego – in Kombination mit einer fehlerfeindlichen Kultur – lässt diesen Hinweis so schmerzhaft sein. Denn wenn wir aufhören, immer recht haben und immer alles richtig machen zu wollen, sind wir augenblicklich von ihm befreit.
„Und es kam der Tag, da das Risiko, in der Knospe zu verharren, schmerzlicher wurde als das Risiko, zu blühen.“ ~ Anaïs Nin
Das Schlimmste, das passieren kann
Wenn ich meine Klientinnen frage, was das Schlimmste ist, das passieren könnte, schauen sie mich mit großen Augen an.
Dann stellt sich heraus, dass es nichts gibt, das WIRKLICH bedrohend wäre. Weder besteht das Risiko, in ernsthafte finanzielle Nöte zu geraten, noch wichtige Beziehungen zu verlieren oder sonst irgendwie gröberen Schaden zu nehmen.
Das Schlimmste, das passieren könnte, ist ein GEFÜHL.
Und genau DAS ist es, wovor wir so viel Angst haben.
Das Gefühl von Scham, Zurückweisung und Unzulänglichkeit.
Genau DIE Gefühle, die wir um jeden Preis vermeiden wollen.
Genau DIE Gefühle, die wir empfinden, weil wir noch nicht verstanden haben, dass Scheitern nichts mit unserem Wert als Menschen zu tun hat.
Genau DIE Gefühle, die von uralten Programmierungen und Prägungen hervorgerufen werden, die wir nur nach und nach – durch beharrliches Üben und effektives Mind Management – durch neue ersetzen können.
DAS SCHLIMMSTE, DAS PASSIEREN KANN, IST EIN GEFÜHL.
UND GENAU DAVOR HABEN WIR SO VIEL ANGST.
Stolz statt Scham
Stolz und Selbstliebe sind die stärksten Mittel gegen Scham.
Wenn wir also scheitern, können wir zweierlei tun, um die alten Programmierungen zu überschreiben:
Erstens: Uns in achtsamem Selbstmitgefühl üben und uns all die Liebe und Fürsorge schenken, die wir in einem solchen Moment brauchen, anstatt mit Kritik und Selbstverurteilung einen zweiten Pfeil auf uns zu schießen.
Zweitens: Bewusst stolz auf uns sein. Darauf, dass wir es probiert haben. Darauf, dass wir bereit waren, die Komfortzone zu verlassen. Darauf, dass wir, im Gegensatz zu den meisten Menschen, nicht nur geträumt, sondern auch gehandelt haben.
Denn wer Neues wagt und ins Handeln kommt, wer frische Pfade beschreitet, der WIRD scheitern. Unweigerlich. So lange, bis er genug gelernt hat und die Früchte seines Mutes, seiner Hartnäckigkeit und seiner Hingabe ernten kann.
Der Schlüssel zur Lebendigkeit ist die Bereitschaft, ALLES zu fühlen.
Der Schlüssel zum Erfolg auch.
“Ohne Misserfolge zu leben ist unmöglich. Es sei denn, du lebst so vorsichtig, dass du genauso gut gar nicht gelebt haben könntest – was einem totalen Scheitern gleichkommt.” ~ J. K. Rowling
Die Entscheidung liegt bei dir. Und …
Welche Art von Schmerz willst du fühlen?
Den scharfen Schmerz des Wachsens und Lernens? Den lebendigen Schmerz, der dir die Richtung weist?
Oder den dumpfen Schmerz des Stillstands und des Schrumpfens, der Vergeudung kostbarer Lebenszeit, des Verkümmerns deines Potenzials?
Welchen Schmerz du wählst, liegt bei dir.
Und doch nicht nur.
Denn es ist auch unser Umfeld, das darüber entscheidet, ob wir wach, neugierig und risikofreudig sind oder nicht.
Es sind die Menschen, die uns umgeben, und die Systeme, in die wir eingebettet sind, die darüber bestimmen, ob wir wachsen oder stillstehen, uns ausdehnen oder schrumpfen.
Das Schöne ist: Auch hier haben wir Entscheidungsspielraum und Gestaltungsmöglichkeiten! Je mehr wir uns mit Menschen umgeben, die uns zujubeln für jeden Versuch – egal, ob er glückt oder nicht -, die unsere Tränen trocknen und uns den Rücken stärken, wenn wir scheitern, desto mutiger werden wir.
Also: Mach dich auf die Suche nach deiner Seelenfamilie. Finde die Menschen, die an dich glauben – auch und besonders dann, wenn du selbst an dir zweifelst. Umgib dich mit jenen, die lebendig, wach und begeisterungsfähig sind, die in Möglichkeiten denken statt in Schwierigkeiten.
Und sei auch du ein solcher Mensch für andere.
So bringen wir gemeinsam unsere Angst-Panzer zum Schmelzen und legen die inneren Schätze frei, die schon so lange sehnsüchtig darauf warten, entdeckt und gelebt zu werden.
Machst du mit?
Komm, sag JA.