Das Wort „Sollte“ kommt mir so gut wie nie über die Lippen. Der Rebellin in mir stellt es sofort sämtliche Haare auf, wenn sie es hört.Für dieses Goldstück jedoch habe ich das „Sollte“ im Titel bewusst gewählt. Ich bin tatsächlich der Überzeugung, dass jeder Mensch eine PRAXIS haben SOLLTE.
Zumindest jeder Mensch, der sich nicht leben LASSEN, sondern authentisch LEBEN will, und jeder Mensch, dem ÜBERLEBEN nicht genug ist.
Aber was ist eine Praxis überhaupt? Hier ist meine Definition:
Eine Praxis ist etwas, das wir mit Hingabe und liebevoller Selbstdisziplin regelmäßig tun, um uns mit unserer wahren Natur zu verbinden und aus ihr heraus zu leben.
Es geht also um Regelmäßigkeit. Ums Tun. Es geht um Hingabe. Um ein Leben von Innen heraus. Um Klarheit und ums Gestalten.
Vor allem aber geht es um VERBUNDENHEIT – mit uns selbst, unserem Wesenskern, und mit dem Kosmos.
Wie schnell verlieren wir diese Verbindung im Alltag! Wie schnell verlieren wir uns selbst aus den Augen – und unseren Weg! Wie schnell kommen wir uns abhanden, und vermissen uns dann bitterlich!
Um ehrlich zu sein, weiß ich gar nicht, wie Menschen, die KEINE tägliche Praxis haben, durch diese unglaublich komplexe Welt und ihre eigene unglaublich komplexe Psyche navigieren – geschweige denn, wie sie jemals ihre Zukunft gestalten wollen, wenn sie wie ein kleines, verlorenes Boot auf den unendlichen Weltmeeren dahinschippern, ohne Kompass, ohne Steuerrad, ohne Segel – und ohne Leitstern.
Wenn mir mein Leben heilig ist, muss mir auch meine Praxis heilig sein. Das hat nichts mit religiöser Schein-Heiligkeit oder dem hohlen Herunterbeten von Rosenkränzen, Glaubensbekenntnissen oder Mantren zu tun, sondern vielmehr mit tief empfundener Achtung und Dankbarkeit für das Geschenk dieses Lebens – und für die unendlichen Möglichkeiten, die es uns bietet.
Aber wie „geht“ Praxis? Hier kommen meine wichtigsten Tipps.
Deine Praxis – die wichtigsten Prinzipien
# 1 Finde, was zu dir passt und bleib dabei
Du kannst einfach nicht stillsitzen auf einem Meditationskissen? Dann tanz‘ stattdessen oder meditiere beim Waldspaziergang!
Niemand anderer kann dir sagen, was die „richtige“ Praxis für DICH ist – auch nicht die höchste spirituelle Meisterin, dein Mentor oder deine beste Freundin.
Finde eine Praxis, die zu dir passt. Praktiziere sie mindestens 60 Tage lang, ohne sie in Frage zu stellen.
Dieser Punkt ist besonders wichtig, denn unser hübsches Köpfchen ist ja soooo schnell gelangweilt, und wenn es nicht sofort Ergebnisse sieht, denkt es sofort: „Na eben, funktioniert ja doch nicht! Ich brauche etwas anderes!“
Dann laufen wir davon und fangen an einer anderen Stelle nach Gold zu graben an – und im Laufe der Zeit haben wir jede Menge kleine Häufchen produziert, aber sind nirgendwo weit genug vorgedrungen, um wirklich auf Gold zu treffen – beziehungsweise unsere innere Quelle zu finden.
# 2 Deine Praxis ist für dich da, nicht umgekehrt
Dies ist speziell für die High Achiever, Selbstoptimiererinnen und Superdisziplinierten unter uns, die ALLES zur Pflicht machen, sogar das Vergnügen 😉
Du praktizierst, damit dein Leben schöner wird, heller, leuchtender – und nicht, um irgendetwas von einer Liste abzuhaken.
Lass dich nicht von dir selbst versklaven! Manchmal ist einfach Ausschlafen dran statt Meditieren. Manchmal kuschelst du mit deinen Kindern, statt Mantren zu singen. Manchmal isst du ein Croissant, statt auf einen Berg zu steigen (jaaaaa, auch ein Croissant zu verspeisen kann ein heiliger Moment sein!)
Die Kunst ist, die Gitarrenseite genau richtig zu spannen: Ist sie zu locker, erzeugt sie keinen harmonischen Ton. Ist sie zu straff gespannt, reißt sie.
Finde deinen Sweet Spot!
# 3 Hab Geduld
Im Durchschnitt braucht es acht Versuche, bis wir eine neue Gewohnheit etabliert haben. Acht!
Rechne also gleich mal damit, dass du immer wieder von deiner Praxis „abfallen“ wirst, vor allem in stressigen und turbulenten Zeiten.
Das Wichtigste ist, dass du nicht verzagst, dich nicht verurteilst oder sogar aufgibst. Leg dir stattdessen ein „Begin anew“-Mindset zu:
Egal, was bisher war, ich beginne wieder neu – mit frischem Geist und mutigem Herzen.
# 4 Praktiziere absichtslos
Eine Praxis ist keine Milchkuh, bei der man am einen Ende Kraftfutter hineinstopft und am anderen Ende fließt Milch heraus. Löse dich von der Idee eines bestimmten ERGEBNISSES nach einer bestimmten Zeit.
Übe mit HINGABE, praktiziere absichtslos, ohne Wollen, ohne Verkrampfen.
Resultate werden sich zeigen, zu ihrer Zeit. Womöglich ganz andere, als die, mit denen du gerechnet hattest.
Bessere.
Versprochen.
“Das Geheimnis deiner Zukunft liegt in deiner täglichen Routine.“
~ Mike Murdock
# 5 Nur ganz kurz
“ A done something is better than a perfect nothing“ – ich liebe dieses Zitat, auch wenn ich nie herausfinden konnte, von wem es stammt.
Noch so ein Trick unseres denkenden Verstandes: Wenn wir nicht VIEL Zeit haben für unsere Praxis, dann lassen wir es lieber ganz. Wenn unsere Praxis nicht PERFEKT ist, dann ist sie nichts wert.
Aber das müssen wir uns selbst nicht glauben, und uns auch nicht gefallen lassen von unserer inneren Perfektionistin (die womöglich eine konspirative Liaison mit unserem inneren Schweinehund eingegangen ist).
Fünf Minuten auf der Yogamatte sind besser als gar keine.
Ein Journaling Quickie von drei Zeilen kann Wunder bewirken.
Eine 1-Minuten-Micro-Meditation mitten im trubeligsten Alltag ist ein radikaler Akt.
Tu’s.
Auch wenn’s NUR GANZ KURZ ist.
Deine Praxis – die wichtigsten Komponenten
# 1 Stille und LeerwerdenZumindest für EINEN Moment ganz allein sein, nur mit dir und deiner Lebendigkeit, egal, wie sie sich gerade ausdrückt.
Still werden. Ausatmen. Leer werden, Raum schaffen. Nichts TUN. In die pure Gegenwärtigkeit eintauchen, ins köstliche „Ich bin“.
Damit ist das Entscheidende schon getan.
# 2 Verkörperung
„Was will ich verkörpern in diesem Leben, auf dieser Welt?“
Was für eine großartige Frage.
Unser Geist kann noch so grandiose Ideen fabrizieren – wenn wir sie nicht VERKÖRPERN, bringen wir die Veränderung, die wir haben wollen, niemals auf die Erde.
EMBODIMENT ist eine der wichtigsten Komponenten meiner eigenen Praxis und meiner Arbeit mit Menschen. Ich bin überzeugt davon, dass eine Praxis, die den Körper nicht einbezieht, uns niemals dorthin führen wird, wo wir hinwollen – ins Mark des Lebens, dorthin, wo Materie und Geist ein Urknall-Fest feiern.
VERKÖRPERUNG kann verschiedenste Formen annehmen. Eine kurze Atempraxis. Drei Minuten tanzen. Deine Wirbelsäule aufrichten, wenn alles schwer auf dir zu lasten scheint. Den Blick zum Himmel heben, wenn der Sog der Negativität ihn nach unten zieht. Eine Baumrinde streicheln. Einen wilden Schrei der Freiheit ausstoßen. Wie eine Löwin brüllen. Einen Menschen umarmen (vielleicht dich selbst?). Lächeln, mitten im größten Stress. Eine Hand halten – nicht einfach so, sondern im Bewusstsein, dass du ein Wunder berührst.
Es ist einfach.
Es ist wirkungsvoll.
Und es geht nicht ohne.
„Alles hier auf der Erde ist ein Wunder – dass all das überhaupt existiert, sich auf diesem Planeten selbst zum Ausdruck bringt, sich gerade im unendlichen Raum drehend. Wie kannst du behaupten, dass irgendetwas davon alltäglich ist?“
~ Chameli Ardagh
# 3 Den Geist ausrichten
„Aus Gedanken werden Dinge“ – diese Aussage ist sträflich vereinfacht, und es gäbe viel darüber zu sagen, was sie wirklich bedeutet.
Aber das Prinzip stimmt: Was wir HEUTE denken, kreiert unsere Welt von morgen und übermorgen.
Der Großteil der rund 80.000 Gedanken, die täglich durch unseren Kopf schwirren, ist unbewusst. Viele davon sind negativ oder zumindest eine Wiederholung dessen, was du gestern schon gedacht hast – und vorgestern und vorvorgestern.
Willst du dein Leben und deine Zukunft wirklich dieser Standardprogrammierung überlassen?
Oder lieber selbst das Programmieren übernehmen und deine Software auf „Mind 3.0″updaten?
Zweiteres? Wunderbar! Dann richte deinen Geist in deiner täglichen Praxis aus. Journaling, Meditation, Mantren, Affirmationen und Afformationen sind die besten Tools dafür. Auch inspirierende Texte und Zitate zu lesen hat eine tiefe Wirkung!
“We either make ourselves miserable, or we make ourselves strong. The amount of work is the same.” ~ Carlos Castaneda
Deine Praxis – die wichtigsten Tageszeiten
# 1 Der frühe Morgen
Nichts ist so wichtig für unsere Ausrichtung wie die frühen Morgenstunden. Wenn wir sie für unsere Praxis nutzen, ist der Rest des Tages eine Draufgabe.
Für mich gilt: Die ersten 90 Minuten meines Tages gehören mir und meiner Seele – Basta.
Zugegeben – es gibt Tage, an denen 90 Minuten unrealistisch sind (oder Jahre, zum Beispiel wenn du jüngere Kinder hast); dann gilt das „nur ganz kurz“ Prinzip.
Aber ein Tag ohne Morgenpraxis, und sei sie auch noch so „quick & dirty“ (oder findet erst am frühen Nachmittag statt ;-)) kommt nicht in Frage.
Leg dir eine Mini-Praxis zurecht, die maximal 5 Minuten dauert, und committe dich, dir zumindest diese paar Minuten Zeit zu nehmen.
Das Wichtigste ist, dich daran zu erinnern, was das Wichtigste ist – und dafür reichen auch ein paar Minuten.
# 2 Der späte Abend
Ein guter Tag beginnt am vorangegangen Abend.
Ein fantastischer Tag beginnt mit Dankbarkeitspraxis am Abend davor!
Ich selbst habe keine ausgiebige oder „formale“ Abendpraxis – aber EINES ist für mich selbstverständlich: Die letzten Gedanken meines Tages sind dankbar und liebevoll.
Wenn ich meinen müden Kopf aufs Kissen bette, und fast schon rübergeglitten bin ins Träumeland, dann blicke ich auf alles zurück, was an diesem Tag gut war.
Und dann beende ich meinen Tag mit einem dankbaren: „Yes and more please!“
# 3 Micro-Praxis für zwischendurch
Eines meiner Lieblingsworte für meine Micro-Praxis zwischendurch ist AUFRICHTEN.
Ich muss es nur denken, schon hebt sich mein Brustbein und ich werde größer.
Ich muss auch nur JETZT denken, um gegenwärtig und präsent zu werden.
Jaaaaa, die Macht der Worte … Eine andere Micro-Praxis besteht darin, einen Moment lang meine Hände zu fühlen.
Oder mich zu fragen, wofür mein Future Self mir dankbar sein würde.
Es mögen unscheinbare Momente sein, jeder für sich nur eine von 86.400 Sekunden am Tag.
Aber in Summe machen sie einen verdammt großen Unterschied, diese unscheinbaren Momente.
Hell Yeah!
Wie sieht DEINE Praxis im Moment aus? Was hilft dir, an ihr dranzubleiben? Poste in den Kommentaren!