„Glaub nicht alles, was du denkst“ – das steht mittlerweile nicht nur in facebook-Posts und auf Graffiti-Wänden, sondern auch auf dem T-Shirt meines Liebsten. Er hat dieses T-Shirt selbst bedruckt, mit Siebdruck.
Mind-Management auf SEINE Art.
MEINE Art ist, wie du weißt, eher die mit Stift und Papier.
Und ganz oft, während ich schreibe – vor allem dann, wenn ich Gedanken-Downloads mache -, taucht der Satz auf: „Das ist nur ein Gedanke“.
Der Gedanke „Das ist nur ein Gedanke“ ist einer der großartigsten und befreiendsten Gedanken, die wir denken können.
Denn er bedeutet:
A) Da ist ein Satz in meinem Kopf, der weder Wahrheitsgehalt noch Substanz hat. Das heißt, ich kann diesen Satz durch einen beliebigen anderen ersetzen, wenn ich möchte.
B) Wenn ICH diejenige bin, die so etwas über ihre eigenen Gedanken denken kann, dann bin ich offensichtlich nicht meine Gedanken. So wie ich nicht das Buch bin, in dem ich einen Satz lese. Ich kann das Buch weglegen. Im Altpapier entsorgen. Ein anderes lesen, das mich glücklicher macht. Oder selbst eines schreiben. Keines dieser Bücher ist an sich „wahr“. Aber ich kann zwischen ihnen wählen – und zwischen den unterschiedlichen Wirkungen, die sie auf mich haben. Yippieh!
Ich muss mir nicht alles gefallen lassen, nicht einmal von mir selbst. ~ Viktor Frankl
So viel Freiheit.
So viel Selbstbestimmtheit.
Und dennoch:
Wir können uns nicht JEDEN der bis zu 80.000 Gedanken, die täglich durch unsere Köpfe schwirren, bewusst machen.
Was ist also sinnvoll?
Genau.
Wir können Gedankenmuster identifizieren, die wir unserem Gehirn KEINESFALLS mehr glauben werden.
Um da gleich mal Klarheit zu schaffen.
Um im Vorhinein zu entscheiden.
Um einen Entschluss zu fassen.
Damit dann, wenn der Gedanke aufpoppt und wir ihn bemerken, kein Raum für Zweifel und Diskussionen mehr bleibt, im Sinne von: „Hmmmm, und wenn es DOCH stimmt, was ich mir da erzähle?“
Ich kann dir wärmstens empfehlen, auch für dich selbst eine solche Liste zu schreiben und sie laufend zu ergänzen.
Um dich zu inspirieren, sind hier zehn Gedanken, die ICH mir längst nicht mehr glaube. Die ICH mir von mir selbst und meinem süßen Gehirn nicht mehr gefallen lasse.
Viel Vergnügen damit!
# 1 XYZ wird mich glücklich machen …
… und deshalb muss ich warten, bis XYZ eingetreten ist, um glücklich zu sein.
Sei es der bessere Job, die Schwangerschaft, der Traumpartner, der endlich ins Leben tanzt, der Befund, der mir versichert, dass ich keine schwere Krankheit habe …
Aber wir wissen: NICHTS davon macht uns dauerhaft glücklich. Die Glücksforschung hat längst bewiesen, dass nur ein minimaler Anteil unseres persönlichen Glücksgefühls von den äußeren Umständen abhängt.
Und selbst WENN uns etwas kurzfristig ein emotionales Hoch beschert, gibt es immer noch die so genannte „hedonistische Tretmühle“. Das bedeutet, wir pendeln uns immer wieder auf dem Glücks-Level ein, das wir gewohnt sind, unabhängig davon, ob die Umstände sich verbessern oder nicht.
Die gute Nachricht ist: Dieses Glücks-Level können wir beeinflussen!
Und zwar, indem wir unseren Geist schulen und alte Programmierungen in unserem Gehirn durch neue ersetzen. Und nicht, indem wir auf bessere Umstände warten!
Uns auf unsere Sinne zu fokussieren und gegenwärtig zu werden kann uns glücklich machen. Den eigenen Atem zu spüren kann uns glücklich machen. Die Welt und ihre Wunder (uns selbst eingeschlossen) zu bestaunen kann uns glücklich machen. Zu lächeln kann uns glücklich machen. All das und vieles mehr steht uns in jedem Moment zur Verfügung.
Es gibt aber auch Momente, in denen wir gar nicht glücklich sein WOLLEN – zum Beispiel dann, wenn wir tieftraurig oder verzweifelt sind, oder jede Hoffnung, jeden Halt verloren haben. Wenn wir einen Verlust erleben, eine schlimme Diagnose erfahren, eine herbe Ent-Täuschung erleben.
Doch gerade in diesen Momenten erleben wir oft eine andere, tiefere Art von Glück – das Glück der Lebendigkeit; einer Lebendigkeit, zu der eben ALLE Gefühle, Erfahrungen und Stimmungen gehören, nicht nur die hellen und fröhlichen.
Denn: Wenn es dunkel wird, siehst du die Sterne!
# 2 Nur perfekt ist gut genug
Im Laufe der Jahre hat sich die Perfektionistin in mir ein wenig eingekriegt 😉
Wenn sie zum Beispiel glaubt, der Nagellack auf meinen Zehen, der auf meinen Fingernägeln, meine Ohrringe UND die Farbe meiner Unterwäsche müssten perfekt aufeinander abgestimmt sein, grinse ich ihr einfach zu und sie grinst zurück.
Wenn sie meint, ich müsse auch mein drittes Masterstudium mit Auszeichnung abschließen, obwohl ich es im Gegensatz zu den ersten beiden in einer Fremdsprache und neben Arbeit und familiärem Du-weißt-schon-was absolviere, zeige ich ihr den Vogel. Dann verzieht sie zwar beleidigt das Gesicht, verhält sich aber forthin unauffällig.
Zwei Mindset Hacks helfen mit besonders, Miss Perfektionista an die kurze Leine zu nehmen:
Shipping, not polishing!
Dieser Aufruf stammt, wenn ich mich nicht irre, von Seth Godin, und hängt wohl irgendwie mit dem Pareto-Prinzip zusammen. Wir können 80 Prozent unseres Aufwandes darin investieren, irgendetwas bis zum perfekten Glanz zu polieren. Oder wir können auf die Politur verzichten und das Ding einfach LIEFERN.
Raus damit in die Welt! Dafür reichen meist tatsächlich 20 Prozent.
Eine „Zwei minus“ ist gut genug
Ich strebe nach Exzellenz, noch immer. Aber ich habe „Exzellenz“ für mich mittlerweile neu definiert. Exzellenz bedeutet nicht, überall eine römische Eins zu erzielen. Exzellenz bedeutet, SEHR genau zu wissen, …
- wofür ich wie viel Aufwand, Zeit und Energie spendieren möchte
- was mein Warum ist, und
- was für MICH Erfolg bedeutet, unabhängig von der Anerkennung, die ich von außen bekomme oder nicht bekomme
Insofern kann eine „Zwei minus“ von mehr Exzellenz zeugen als eine römische Eins.
Na, Miss Perfektionista, was sagst du dazu?
# 3 Das ist unmöglich
Ich gehöre nicht zu jenen, die glauben, alles, wirklich ALLES sei für jede*n von uns möglich. Skisprung-Weltmeisterin zu werden liegt vermutlich tatsächlich außerhalb meines Möglichkeitenraumes.
Aber ich neige dazu, zu glauben, dass alles möglich ist, was mir als tiefer, aufrichtiger Wunsch ins Herz gepflanzt wurde.
Vielleicht nicht genau so, wie ich es mir vorgestellt hatte. Vielleicht auch nicht zu genau dem Zeitpunkt, den ich mir gewünscht hätte. Aber in IRGENDEINER Form – und zur rechten Zeit.
Wenn also Sätze wie dieser in mir auftauchen, in welcher Variation auch immer, denke ich an all die Dinge, die die Menschen irgendwann für unmöglich gehalten haben, und die dann plötzlich doch möglich waren.
Das weitet meinen Geist.
Und dann denke ich noch an eines meiner Lieblings-Zitat:
It always seems impossible until it’s done. ~ Nelson Mandela
# 4 Etwas Schlimmes wird passieren
Erstens bin ich ein Vata-Typ, und Menschen mit dieser Konstitution neigen dazu, sich ständig Sorgen um die Zukunft zu machen.
Und dann ist das menschliche Gehirn auch noch darauf trainiert, die Umwelt permanent nach möglichen Gefahren abzuscannen. Ohne diese Programmierung hätten wir als Spezies Mensch gar nicht überlebt.
Dass ich denke, etwas Furchtbares würde oder könnte passieren, heißt also keinesfalls, dass wirklich Gefahr besteht.
Einerseits.
Und andererseits: NATÜRLICH könnte IMMER etwas Schreckliches passieren – aber die Wahrscheinlichkeit ist verschwindend gering.
Will ich wirklich wegen einer so minimalen Wahrscheinlichkeit mein Körper-Geist-Seele-System ständig in Sorgengedanken marinieren?
Das worst case scenario bekommt seinen (begrenzten) Raum. Die restliche Zeit über richte ich meinen Geist auf das best case scenario aus.
Hier ist die Welt. Schöne und schreckliche Dinge werden geschehen. Hab keine Angst. ~ Frederick Büchner
# 5 Das ist (nicht) meine Schuld
Das Wort „Schuld“ habe ich grundsätzlich aus meinem Wortschatz gestrichen. Es macht für mich einfach keinen Sinn mehr.
Wenn ich mich schuldig fühle, fühle ich mich schlecht.
Und wenn ich denke, es sei nicht meine Schuld, empfinde ich mich als Opfer.
Lieber frage ich mich: Was war mein BEITRAG zu dieser Situation?
Denn das gibt mir die Möglichkeit, zu erforschen, ohne mich mit toxischen Schuldgefühlen zu blockieren. Und es gibt mir die Möglichkeit, etwas zu verändern.
Zu manchen Dingen habe ich tatsächlich KEINEN Beitrag geleistet, zum Beispiel dazu, dass Frauen noch immer in vielen Lebensbereichen benachteiligt werden.
Aber das bedeutet nicht, dass ich keinen Beitrag dazu leisten könnte, dass sich daran etwas ändert!
„Beitrag“ und „Verantwortung“ sind Begriffe, die ich sehr viel hilfreicher finde als „Schuld“.
Du auch?
# 6 Ich habe nicht genug Zeit
Das ist ein absoluter Liiiieeeblings-Gedanke meines Gehirns!
Sogar beim Nichts-Tun habe ich es eilig. Um ehrlich zu sein weiß ich nicht mal genau, wie Nichts-Tun geht 😉
Mich unter Zeitdruck zu fühlen, das ist mir klar, hat nichts mit den „realen“ Gegebenheiten zu tun. Es gibt Menschen, die unter extremem Druck stehen und trotzdem ohne Hast und in voller Präsenz tun, was eben zu tun ist.
Ich gehöre leider nicht zu ihnen.
Aber immerhin habe ich gelernt, diesen Gedanken nicht mehr zu glauben.
Ich weiß, dass Zeit relativ ist, und dass ich, wenn ich ausgeruht und fokussiert bin, innerhalb kürzester Zeit unglaublich viel bewegen und bewältigen kann.
Nicht der Zeitdruck bewirkt, dass ich gestresst bin, sondern der Stress, den ich mir mache, bewirkt, dass ich mich unter Zeitdruck fühle.
Und für einen guten, tiefen Atemzug ist IMMER Zeit genug.
# 7 Aber ich muss doch …
„Aber ich MUSS doch Steuern und Versicherung und Miete zahlen!!!“
Das habe ich meiner Coach kürzlich versucht zu erklären – aber sie war unerbittlich.
„In Wirklichkeit musst du nichts davon“, meinte sie.
Und damit hatte sie recht.
Kein Mensch muss müssen. ~ G.E. Lessing
Ich MUSS nichts davon tun – aber ich will die Konsequenzen nicht tragen, die mich erwarten, wenn ich es nicht tue.
Also MUSS ich nicht, sondern ich WILL.
„Ich WILL Steuern und Versicherung und Miete zahlen.“
Das klingt doch gleich ganz anders, oder?
Natürlich will ich das. Weil ICH es so entscheide.
Zugegeben, es gibt einen Unterschied zwischen Müssen und Müssen.
Dennoch neige ich dazu, mir Gedanken, die mit „Ich muss …“ beginnen, nicht zu glauben.
Ein „ICH MUSS!!!!“, das tief aus meinem Herzen kommt, ist hingegen kein Gedanken.
Eher schon ein Auftrag.
# 8 Das muss sofort sein
Als hochsensibler Mensch und Scanner-Persönlichkeit fällt es mir oft schwer, zwischen wichtig, dringend und unwichtig zu entscheiden. Häufig habe ich das Gefühl, alles immer sofort erledigen zu müssen.
„Das kann warten“ ist ein Gedanke, den ich trainiere.
Immerhin arbeite ich nicht an der herzchirurgischen Station eines Krankenhauses.
Es gibt praktisch NICHTS in meinem Leben, das nicht einen kleinen Aufschub vertragen würde.
Hach! Was für ein entspannender Gedanke.
# 9 Es soll eben nicht sein
Er klingt nach Hingabe und Akzeptanz, dieser Satz – aber oft ist er einfach nur eine Ausrede.
Habe ich es WIRKLICH versucht? Wirklich, wirklich?
Und will ich ES – was immer es ist – wirklich genug, um mich mit vollem Engagement darum zu bemühen?
Wenn nicht, dann soll es tatsächlich nicht sein – weil ich es gar nicht wirklich WILL.
Und wenn doch, dann ist die Sache noch lange nicht entschieden.
Dass etwas nicht sein soll, glaube ich mir erst, wenn ich wirklich ALLES versucht habe, um es Realität werden zu lassen.
DASS ETWAS NICHT SEIN SOLL, GLAUBE ICH MIR ERST, WENN ICH WIRKLICH ALLES VERSUCHT HABE, UM ES REALITÄT WERDEN ZU LASSEN.
# 10 Das wird schwierig / mühsam / anstrengend
Dieser Gedanke ist trickreich!
Denn einerseits GIBT es Dinge, die anstrengend sind. Und dann ist es gut, die Anstrengung willkommen zu heißen, statt sie nicht haben zu wollen. „Freudvolle Anstrengung“ pflegten meine buddhistischen Lehrer*innen das zu nennen.
Andererseits sind die meisten Dinge genau SO schwierig oder leicht, wie ich sie mir mache.
Und mit ein wenig Verspieltheit und einem Eat-the-frog-Mindset wird oft ganz leicht, was uns zunächst schwer erscheint.
# 11 Ich bin …
.. großartig?
… herrlich unvollkommen?
… wertvoll?
Na schön, wenn der Gedanke, der mit „Ich bin …“ beginnt, so endet, dann darf er bleiben ?
Meistens aber schränken uns „Ich bin“-Sätze ein.
Ich bin schusselig.
Ich bin schlecht in Mathematik.
Ich bin immer ehrlich.
Ich bin eine gute Mutter.
Ja, sogar Sätze wie diese können uns einschränken oder stressen!
Denn manchmal sind wir großartig Mütter und manchmal lausige.
Meistens sind wir ehrlich, aber manchmal auch nicht.
Oft sind wir schusselig, aber oft auch sehr gut organisiert.
Und sagen deine Schulnoten von damals wirklich etwas darüber aus, ob du gut oder schlecht in Mathematik bist?
Wir Menschen sind nie SO oder SO. Wir sind mal SO und mal SO, auch wenn es Tendenzen in die eine oder die andere Richtung gibt.
Und dann sind wir auch noch ständig im Wandel.
Wir KÖNNEN uns verändern – absichtsvoll und bewusst.
Ein „Growth Mindset“ – also das Bewusstsein, dass wir uns verändern und wachsen können, nicht bestimmt sind von unseren Talenten, unseren derzeitigen Umständen, unserer Geschichte, unserer aktuellen Persönlichkeit – macht das Leben weit, frei und abenteuerlich.
Besonders in Kombination mit „immer“ oder „nie“ sind „Ich bin“-Sätze mit Vorsicht zu genießen.
„Ich bin noch nicht …“ oder „Ich bin zurzeit …“ oder „Ich bin manchmal …“ – solche Sätze funktionieren besser; sie erlauben Entwicklung, Veränderung.
Was sind die Gedanken, die DU dir von dir selbst nicht mehr gefallen lässt? Poste in die Kommentare und inspiriere mich und tausende andere Leser*innen!